Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Fall aus Hessen am 27. April 2023 entschieden, dass Paare, die ihre Hochzeit aufgrund der Corona-Pandemie verschieben müssen, den ursprünglich gebuchten Fotografen nicht ohne Bezahlung absagen dürfen. Der BGH stellte fest, dass den Brautleuten zwar die Möglichkeit offensteht, den Vertrag zu kündigen und einen anderen Fotografen zu engagieren, jedoch steht der Fotografin trotzdem die vereinbarte Vergütung unter Abzug bestimmter Kosten zu.
Keine kostenlose Stornierung von Fotografen bei Hochzeitsverschiebung
Am 1. August 2020 sollte die Hochzeit der Kläger mit über 100 Gästen stattfinden. Bereits dreiviertel Jahr zuvor hatten sie das „Unser Tag XXL“-Paket bei einer Fotografin gebucht. Dieses Paket umfasste eine zehnstündige Begleitung. Der Preis für das Paket belief sich auf knapp 2.500 Euro, wovon die Fotografin fast die Hälfte als Anzahlung erhielt.
Da die Hochzeitsfeier aufgrund der Corona-Pandemiebeschränkungen nicht wie geplant stattfinden konnte, entschieden sich die Brautleute, die Feier um ein Jahr zu verschieben. Infolgedessen kontaktierten sie den Fotografen, der bereits die standesamtliche Trauung begleitet hatte, und forderten die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung.
Bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe erläuterte der Vorsitzende Richter Rüdiger Pamp, dass die Entscheidung nicht ohne Weiteres getroffen werden könne. Laut der damaligen hessischen Corona-Verordnung waren kirchliche Trauungen im Sommer 2020 grundsätzlich erlaubt, solange Körperkontakt vermieden und Abstand gehalten wurde. Die Tatsache, dass das Paar mit weniger Gästen hätte feiern müssen, um die Abstandsregeln einzuhalten, hatte jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung des BGH.
Laut dem Urteil des Bundesgerichtshofs können sich die Kläger nicht auf eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ berufen, da der Vertrag keine Regelungen für den Umgang mit einer Pandemie enthält. Das Gericht berücksichtigt die Interessen beider Vertragspartner und stellt fest, dass die Fotografin auch beim neuen Termin ein Interesse daran hatte, die Bilder zu machen.
In der Vorinstanz am Landgericht Gießen wurde ähnlich entschieden wie beim Bundesgerichtshof. Dabei wurde festgestellt, dass der Auftraggeber trotz Kündigung verpflichtet ist, dem Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Es können lediglich ersparte Aufwendungen wie Fahrt- und Materialkosten abgezogen werden. Laut Landgericht steht der Fotografin demnach insgesamt ein Betrag von etwa 2.100 Euro zu.
Mit seinem Urteil schafft der Bundesgerichtshof Klarheit für Fotografen und andere Dienstleister, die aufgrund von Covid-19 gezwungen sind, Buchungen zu stornieren. Es stellt fest, dass sie nicht automatisch für den entstandenen Schaden verantwortlich gemacht werden können. Gleichzeitig betont das Urteil die Wichtigkeit einer offenen Kommunikation zwischen Dienstleistern und Kunden, um den Schaden zu minimieren. Betroffene sollten in solchen Fällen professionellen rechtlichen Rat einholen, um Probleme mit Vertragspartnern zu vermeiden.