Kanzleien kämpfen mit steigenden Betriebskosten

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Eine Umfrage von stp.one hat ergeben, dass fast die Hälfte aller europäischen Anwaltskanzleien einen Rückgang ihrer abrechenbaren Stunden verzeichnet und dies als eine kritische Herausforderung betrachtet. Besonders bei kleinen Kanzleien ist dieser Rückgang mit 60 Prozent besonders stark ausgeprägt. Die Umfrage wurde Ende 2023 unter 1.250 Anwaltskanzleien in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt und verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen, mit denen Anwaltskanzleien konfrontiert sind.

Legal Tech Report identifiziert Kostentreiber für Kanzleien

Die Ergebnisse des Reports verdeutlichen, dass Anwaltskanzleien vor erheblichen Herausforderungen stehen. Einerseits wünscht sich die junge Generation juristischer Fachkräfte ein weniger formelles und flexibleres Arbeitsumfeld. Andererseits kämpfen die Kanzleien mit zunehmendem Wettbewerbsdruck, veränderten Anforderungen der Mandanten und steigenden Kosten. Der Legal Tech Report identifiziert Betriebskosten, Investitionen in digitale Prozesse, Compliance-Bemühungen und die Mitarbeitergewinnung als Kostentreiber, die zu einem kritischen Rückgang der abrechenbaren Stunden führen können.

  • Infolge der Inflation steigen die Betriebsausgaben, einschließlich Strom, Büromaterial und Gehälter
  • Die Steigerung der Produktivität erfordert Investitionen in digitale Prozesse, auch wenn dies zusätzliche Kosten verursacht
  • Durch die zunehmenden Regulierungen der EU steigen die Kosten für die Einhaltung von Compliance-Vorgaben
  • Um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, müssen Gehälter und Boni erhöht werden, zusätzlich zur allgemeinen Lohninflation

Die Umfrage zeigt, dass kleine und mittelgroße Kanzleien größere Bedenken bezüglich der Inflation und steigender Kosten haben als größere Kanzleien. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass größere Kanzleien aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten besser in der Lage sind, höhere Kosten auszugleichen. Sie können auch schneller auf Kosten reagieren, beispielsweise durch die Kürzung von Boni oder anderen Vergünstigungen.

Laut der Umfrage sind italienische Anwaltskanzleien am meisten von der Inflation und steigenden Kosten betroffen, während Kanzleien in Frankreich, Spanien und Benelux weniger besorgt sind. Dies könnte auf die höhere Inflation in Italien im Jahr 2023 zurückzuführen sein, aber auch andere strukturelle Faktoren können eine Rolle spielen.

Das traditionelle Geschäftsmodell von Anwaltskanzleien basiert darauf, die Anzahl der abrechenbaren Stunden zu maximieren. Dieser Ansatz birgt jedoch verschiedene Herausforderungen. Immer mehr Mandanten wünschen sich eine größere Transparenz und Planbarkeit ihrer Anwaltskosten, beispielsweise durch Festpreise oder eine Begrenzung der Gebühren. Einige Mandanten fordern sogar Pauschaltarife, bei denen sie nicht für jede einzelne Kommunikationseinheit bezahlen müssen. Langfristig wird dies die Einnahmen der Kanzleien nicht verringern, aber kurzfristig können die Umsätze zurückgehen, bis neue Abrechnungsmodelle das traditionelle Stundenmodell ersetzen.

Um den Wunsch der Mandanten nach Vorhersehbarkeit zu erfüllen, könnten Kanzleien ihre Dienstleistungen transparenter gestalten, indem sie offen über die Gewinnchancen von Rechtsstreitigkeiten sprechen und Mandanten frühzeitig über neue Vorschriften informieren, die ihre rechtliche Situation beeinflussen könnten.

Aufgrund des Rückgangs der abrechenbaren Stunden suchen Unternehmen vermehrt nach alternativen juristischen Dienstleistern (ALSPs) und setzen auf interne Rechtsberatung, um kostengünstigere Zusatzservices anzubieten. Diese Trends stellen eine Bedrohung für das traditionelle Geschäftsmodell von Anwaltskanzleien dar. Laut einer Umfrage betrachten 46 Prozent der Teilnehmer den Rückgang der abrechenbaren Stunden als kritische Herausforderung. Besonders kleine Kanzleien mit 60 Prozent sind besorgt, während nur 32 Prozent der Großkanzleien diese Herausforderung als besonders relevant erachten.

Der Wunsch vieler juristischer Fachkräfte nach einer flexiblen Arbeitsweise führt dazu, dass in Anwaltskanzleien viele Büroflächen ungenutzt bleiben. Vor allem kleine Kanzleien sind besorgt über die hohen Kosten für diese leerstehenden Büros, da die Büromiete einen Großteil der Betriebskosten ausmacht. Im Vergleich zu anderen Ländern zeigen deutsche Kanzleien eine größere Besorgnis über nicht ausgelastete Büroflächen (42 Prozent gegenüber 20-30 Prozent).

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