Von der ersten Euphorie bis zur krankhaften Sucht: Zuviel Glücksspiel gefährdet Karrieren. Das Ziel: Wieder Kontrolle über das Leben zu haben und beruflich erfolgreich zu bleiben.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Nie wieder zocken und Spielsucht verhindern
Pathologisches Glücksspiel von Anfang an verhindern, bevor es zu negativen Auswirkungen auf Job und Karriere kommt. Der erste Schritt: Erkennen, dass man überhaupt an Spielsucht leidet.
Die meisten Spieler gehen durch 3 Phasen ihrer Sucht: Positive Euphorie am Anfang, eine erste Verlustphase im Stadium der Gewöhnung und zum Schluss die Spielsucht. Spätestens hier können Karrieren scheitern, weil das Zocken zum alleinigen Lebensmittelpunkt wird.
Das Problem: Oft ist es für Betroffene kaum möglich, den Beginn des zwanghaften Verlangens sofort zu erkennen. Denn nach den ersten Gewinnen in der Anfangsphase fühlt man sich unbesiegbar, das Selbstbewusstsein wird immer stärker und die Bereitschaft wächst, bei Sportwetten & Co. weiter zu zocken.
So erkennen Betroffene einen üblichen Verlauf
Fast alle Menschen mit einer Sucht nach Glücksspiel durchlaufen drei Phasen. Es ist sehr wichtig, diese zu erkennen und rechtzeitig zu handeln, bevor es zu beruflich negativen Auswirkungen kommt. Wie sehen diese Phasen nun genau aus? Am Anfang steht die Euphorie. Man hat gewonnen. Der Automat wirft Geld aus oder man hat beim Wetten auf die richtige Mannschaft oder das Sieger-Pferd getippt. Viele Spieler fühlen sich nun unbesiegbar. Der Erfolg wird auf das eigene Geschick zurückgeführt.
Folge: Man spielt weiter und erhöht oft noch die Einsätze. Kontakte zu anderen Spielern werden gesucht und man vernetzt sich immer mehr in der Glücksspiel-„Szene“. Und bei Verlusten? Dann wird weitergespielt, um diese auszugleichen.
Glücksspielsucht: Der Teufelskreis
Jetzt beginnt die Gewöhnungsphase, auch als „Verlustphase“ bekannt. Und damit die Gefahr, endgültig in die Glücksspielsucht abzudriften. Um Verluste auszugleichen und das Geld wieder „reinzuholen“, riskiert der Spieler immer höhere Geldeinsätze. Ein Teufelskreis beginnt: Das Leben dreht sich immer mehr ums Glückspiel und die Konzentration auf den Job lässt nach.
Video: Spielsucht – Die Psychotricks & Strategien der Spielotheke
In dieser Phase leidet die Karriere
Berufliche Karrieren sind also schon in Gefahr, wenn im mittleren Stadium der Gewöhnung erste Verluste auftreten, die Spieler immer mehr Zeit am Spielautomaten verbringen und immer mehr Geld für ihre Sucht ausgeben. Konzentrationsprobleme, Schlaflosigkeit und eine allgemeine Antriebslosigkeit sind zu beobachten. Die Leistungen auf der Arbeit oder am Ausbildungsplatz lassen nach.
Glücksspielsucht: Konflikte mit Chefs und Kollegen
Es kommt vermehrt zu Streitigkeiten. Mit Kollegen und Vorgesetzten genauso wie privat mit Familie und Freunden. Die Spieler verlieren die Kontrolle über ihre Sportwetten oder den Besuch beim Spielautomaten. Das Suchtstadium tritt ein. Experten sprechen von der „Verzweiflungsphase“. Das gesamte zur Verfügung stehende Geld wird fürs Zocken eingesetzt. Der Süchtige kann Anfang und Ende des Spiels nicht mehr beeinflussen.
Der Spieler nimmt oft sogar Kredite auf, um neue Einsätze abzudecken. Die Angehörigen werden über das verlorene Geld aus Scham angelogen. Oder weil der Kontrollverlust vom Spieler selbst geleugnet wird. Ein wichtiger Unterschied zur vorherigen Phase: Spieler oder Spielerin schaffen es nicht mehr, eine Zeit lang auf das Spiel zu verzichten.
Pathologisches Glücksspiel: Negative Gedanken, die Job und Karriere gefährden
Spätestens jetzt müssen Betroffene Hilfe suchen. Die Glücksspielsucht entwickelt sich zum alleinigen Lebensmittelpunkt. In den meisten Fällen bemerken auch Kollegen oder der Chef die persönlichen Veränderungen und das Nachlassen der Konzentration auf Job und Privatleben. Schuldgefühle und Selbstmordgedanken beherrschen die Gedanken. Positive Erlebnisse wie in der ersten „Gewinnphase“ kommen praktisch nicht mehr vor.
Wann benötigen Betroffene Hilfe?
Die zentrale Frage: Ab wann muss diese Sucht behandelt werden? Antwort: So früh wie möglich. Oft dauern die Phasen einige Jahre, bevor sich Anzeichen der Sucht entwickeln. Doch schon in der zweiten „Gewöhnungsphase“ brauchen Betroffene dringend Hilfe. Zum Beispiel in Form einer Gruppentherapie. Der Fachverband Glücksspielsucht ist eine wichtige Anlaufstelle für Menschen, die mit Wetten oder am Automaten dabei sind, die Kontrolle über ihr Leben und unter Umständen auch ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Selbsthilfegruppe zur Behandlung der Sucht
Wichtig: Beratungen beim Fachverband oder ähnlichen Einrichtungen sind anonym und zunächst auch online möglich. Angebote gibt es ebenfalls in Form von einem ganzen Selbsthilfeprojekt, begleitet in vielen Fällen durch erfahrene Betreuer. Positiv für Spieler: Sie sehen, sie sind nicht allein und können sich gegenseitig motivieren, um sich vom Drang zu Spielen zu befreien. Ziel ist dabei immer auch die Prävention. Wetten, zum Beispiel auf Pferderennen, oder der „einarmige Bandit“ sollen für immer der Vergangenheit angehören.
Einzeltherapie oder im Gruppenverband
Je nach individuellem Bedarf kann eine Suchtbekämpfung in Einzel- oder Gruppentherapie vorgenommen werden. Auch wichtig: Geldmanagement wieder erlernen. Der von der Sucht Betroffene bekommt 30 Euro in die Hand gedrückt und muss lernen, mit dem Geld auszukommen. Derartige psychologische Tricks in der Selbsthilfegruppe haben schon vielen geholfen und können auch im Rahmen einer Prävention nützlich sein.
Wichtige Anzeichen einer Glücksspielsucht:
- Wer an Spielsucht leidet, denkt mehrmals pro Tag intensiv über Glücksspiel nach
- Ständig höhere Geldeinsätze
- Der Süchtige verspielt mehr Geld als geplant oder verfügbar ist.
- Er leiht sich Geld oder spielt sogar mit illegalem Geld (Diebstahl, Veruntreuung)
- Verluste bzw. die Höhe der Verluste verschweigt der Süchtige
- Süchtige vernachlässigen Partnerschaften, soziale Kontakte und ihren Job
Glücksspielsucht und Familienangehörige
Ehepartner und Kinder leiden oft mit. Auch diese sind von den Auswirkungen des Suchtverhaltens betroffen. Wenn zum Beispiel das Konto vor dem Ende des Monats leer ist. Wenn die Miete oder die Stromrechnung kaum noch bezahlt werden kann. Oder wenn die Atmosphäre in der Familie immer gereizter wird und Spieler wie Ehepartner nachts wach liegen und über die Situation grübeln.
Wut und Hilflosigkeit sind bei Angehörigen zu beobachten. Es wächst in der Regel auch die Sorge, dass der Betroffene seinen Arbeitsplatz verliert. Aus diesen Gründen sollten auch die Familienmitglieder nach Hilfe suchen. Um selbst mit der Situation klar zu kommen und um den Spieler zu unterstützen. Eine Selbsthilfegruppe oder ein ganzes Selbsthilfeprojekt sind deshalb auch für Angehörige geeignet.
Glücksspielsucht: Das tun einige Betreiber
Die Glücksspiel- und Wettbranche hat nicht das beste Image. Doch einige Betreiber setzen bewusst auf Prävention, um ihre Spieler nicht an die Sucht zu verlieren. Das hat auch pragmatische Gründe, weil seriösere Anbieter von Sportwetten & Co. genau wissen, dass ihre Kunden unter Umständen in die Pleite rutschen oder den Arbeitsplatz verlieren können.
Casinos, Spielhallen und der Spieler selbst können Hausverbote und Sperren für Spielsüchtige verhängen beziehungsweise beantragen. Laut §8 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) sind Anbieter dazu sogar unter Umständen verpflichtet. Ähnliches gilt für Wetten. Handelt es sich um legale und in Deutschland konzessionierte Angebote sind diese auch im Web bindend. Bei ausländischen und illegalen Anbietern ist eine Spielersperre schwieriger. Hier müssten eventuell Computerprogramme am eigenen PC eingerichtet werden, welche die Nutzung blockieren oder einschränken.
Eigeninitiative wichtig
Es gibt leider meistens Schlupflöcher. Deshalb muss immer auch eine Eigeninitiative vom Spieler erfolgen. Zumindest die Anmeldung über den Fachverband Glücksspielsucht in einer Gruppe oder einem Projekt. In einigen Fällen kann auch die Einweisung in eine Suchtklinik erfolgen. Gerade für Arbeitnehmer kann dies natürlich zu unangenehmen Nachfragen seitens der Kollegen und noch problematischer der Vorgesetzten kommen. Vor allem, wenn es nicht sofort klappt, die Sucht nach dem Spielen zu beenden.
Rückfall verhindern
Denn wie bei allen Süchten droht auch hier die Gefahr eines Rückfalls. Laut Experten wie Reto Cina (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie) beträgt die Erfolgsquote nach Behandlung in einer speziellen Klinik etwa 40 Prozent. Der Fachmann bezeichnet pathologisches Glücksspiel deshalb als eine schwere, chronische Erkrankung. Ziel einer Therapie muss deshalb sein, die schlimmsten Folgen eines Rückfalls wie Jobverlust und Isolation zu verhindern.
Das „Suchtgedächtnis“ beim Zocken
Aber wie kann es zu einem Rückfall kommen? Oft ist es das „Suchtgedächtnis“. Ein Spieler hat dabei naturgemäß andere Bedürfnisse als ein Alkoholiker: Das Klimpern einer Münze oder Werbung für Glücksspiele kann bei ihm einen Reiz auslösen und erneut zum Spielen animieren. Vor allem, wenn der Betroffene gerade Stress empfindet oder eine nachlassende Motivation zur Bekämpfung seiner Neigung besitzt.
Glücksspielsucht behandeln: Für einen sicheren Job und ein geordnetes Privatleben
Spezialisten wie Reto Cina haben zur Prävention ein individuelles Notprogramm entwickelt, um Rückfälle der Spielsucht möglichst zu verhindern. Gefahrensituationen (z.B. ein starker Reiz) sollen ausgehalten und bei Bedarf rechtzeitig gegengesteuert werden. Zum Beispiel mit Notfallkarten, der Telefonnummer seines Ansprechpartners oder mit besonderen Vermerken („Denk an deine Kinder“)
Wichtig: Der von Spielsucht Betroffene soll nie aufgeben. Es gibt viele Beispiele, wo es Spieler gibt, die nach mehreren Rückfällen es endgültig geschafft haben, vom Zocken und ihrer Sucht danach loszukommen. Und damit weniger Gefahr laufen, ihren Arbeitsplatz oder ein harmonisches Familien- und Privatleben wegen Glücksspiel zu verlieren.
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