Das Fahren ohne Fahrerkarte verbietet die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und ist mit empfindlichen Bußgeldern belegt. Ob es sich um eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit handelt, ist nur eine von vielen Fragen rund um die Fahrerkarte.
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Inhalt
- Fahren ohne Fahrerkarte: In Deutschland nicht erlaubt
- Lenk- und Ruhezeiten: Begriffsklärungen
- Problemfall Fahren ohne Fahrerkarte: Bußgelder in empfindlicher Höhe drohen
- Fahren ohne Fahrerkarte: Eine Straftat?
- Fahren mit Karte: Hilfe durch DTCO 4.0
- Der digitale Tachograph als Ausweg aus dem Dilemma des Fahrers
- Datenschutz und Sicherheit
1. Fahren ohne Fahrerkarte: In Deutschland nicht erlaubt
Nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten EWG-Raum ist das Fahren ohne Fahrerkarte nicht erlaubt. Dies gilt für das Führen von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass beispielsweise Anhänger in dieses Gewicht mit eingerechnet werden müssen. Die Vorschrift bezieht sich auf gewerbliche Fahrten, die der Beförderungen von Personen oder dem Gütertransport dienen. Die entsprechenden Fahrzeuge sind seitens des Speditionsunternehmens mit einem digitalen Tachographen auszustatten, der das Auslesen der Fahrerkarte sowie der Daten des Tachographen ermöglicht. Ein derartiges Gerät kann auf freiwilliger Basis auch in Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 und weniger als 3,5 Tonnen installiert werden.
Die Fahrerkarte ist personengebunden und vom Fahrer selbst zu beantragen, es handelt sich nicht um ein vom Unternehmer zu stellendes Betriebsmittel (vergleiche dazu Urteil des BAG vom 16.10.2007 – 9 AZR 170/07). Die Karte ist mit einem Speicherchip ausgestattet, der die wichtigsten Daten zum Fahrer erfasst. Sie ist fünf Jahre lang gültig und darf nur in Verbindung mit einer gültigen Fahrerlaubnis eingesetzt werden.
Wichtig: Muss die Fahrerkarte erneuert werden, darf dies frühestens sechs Monate vor Ablauf der alten Karte geschehen. Spätestens 15 Tage vor Ablauf muss die neue Karte beantragt werden.
Die Daten werden hier für 28 Tage gespeichert, bis dahin müssen sie ausgelesen werden. Bei wenig genutzten Karten finden sich allerdings auch Daten, die älter als einen Monat sind und teilweise mehrere Jahre zurücklegen. Die ältesten Daten werden erst dann überschrieben, wenn die maximale Speicherkapazität des Chips erreicht ist. Gefahrene Geschwindigkeiten werden hier jedoch nicht erfasst, diese sind im Datenspeicher des digitalen Tachographen zu finden und werden dort ausgelesen.
Der Fahrer ist dazu verpflichtet, seine persönliche Karte bei jeder Fahrt mit sich zu führen, wobei diese nicht beschädigt sein oder das Auslesen anderweitig erschweren darf. Über den digitalen Tachographen werden sämtliche Daten beim Fahren erfasst, die für die Kontrolle der Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Lenk- und Ruhezeiten, Bereitschaftszeiten und Zeiten der Arbeitsunterbrechung relevant sind. Außerdem muss der Fahrer seine Fahrerkarte an seinen Arbeitgeber reichen, damit die erfassten Daten gespeichert werden können.
2. Lenk- und Ruhezeiten: Begriffsklärungen
Die folgenden Begriffe sind für die Datenerfassung und das Fahren wichtig, sie sollten auch vom Fahrer unterscheidbar sein:
Lenkzeit
Dies ist die Zeit, die tatsächlich mit dem Fahren verbracht wird. Dazu gehört auch das teilweise Stehen des Fahrzeugs, wenn es sich beispielsweise in einem Stau befindet oder an der Ampel länger warten muss. Eine Fahrpause, die länger als 15 Minuten dauert, gehört aber nicht zur Lenkzeit, sofern es sich nicht um einen Stau oder das Warten aufgrund von Verkehrsereignissen handelt. Kann der Fahrer seinen Platz hinter dem Steuer für diese Zeit verlassen, handelt es sich nicht um eine Lenkzeit.
Lenkzeitunterbrechung
Bis maximal 4,5 Stunden darf ein Fahrer ohne Pause unterwegs sein, danach oder schon während dieses Zeitraums muss eine Lenkzeitunterbrechung stattfinden. Die Zeit, die der Fahrer als Beifahrer mitfährt oder sich auf einer Fährfahrt befindet, darf als Lenkzeitunterbrechung bezeichnet werden. Die Unterbrechung muss mindestens 45 Minuten währen, wobei diese Zeitspanne zusammenhängend oder in Teilen gültig ist. Danach kann ein weiterer Lenkabschnitt beginnen.
Ruhezeit
In der täglichen Ruhezeit kann der Fahrer frei bestimmen, was er tun möchte. Die regelmäßige Ruhezeit muss täglich mindestens elf Stunden dauern, wobei diese Zeit auch auf zwei Teile gesplittet werden kann. Der erste Teil muss aber wenigstens drei Stunden betragen. Der zweite Teil nach dem Fahren muss mindestens neun Stunden betragen, was eine tägliche Ruhezeit von zwölf Stunden ergibt. Bei einer reduzierten täglichen Ruhezeit beträgt die Ruhepause mindestens neu Stunden, darf aber elf Stunden nicht überschreiten.
Ist das Fahrzeug mit einer Schlafkabine ausgestattet, kann die dort verbrachte Zeit als Ruhezeit gesehen werden. Ansonsten gelten Zeiten, in denen der Lkw nicht verlassen wird, nicht als Ruhezeit.
Die wöchentliche Ruhezeit muss mindestens 45 Stunden betragen, die reduzierte Ruhezeit beträgt hier weniger als 45 Stunden und kann bis auf eine Zeit von 24 Stunden, die aufeinander folgend sein müssen, reduziert werden.
3. Problemfall Fahren ohne Fahrerkarte: Bußgelder in empfindlicher Höhe drohen
Primär ergibt sich für den Fahrer kein Problem, wenn er ohne Fahrerkarte unterwegs ist. Die Funktion des Fahrzeugs wird damit nicht beeinflusst. Allerdings wachen die Behörden mit Argusaugen über die Einhaltung der Verordnung, da sie der Sicherheit im Straßenverkehr dient. Durch das nachweisbare Einhalten der Lenk- und Ruhezeiten ergibt sich ein Plus an Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer und nicht nur für den Fahrer. Er muss daher damit rechnen, beim Fahren ohne Karte in einer Kontrolle erkannt zu werden.
Das wird teuer, denn die Sanktionen für den Fahrer sind hoch. Sorgt er nicht für die ordnungsgemäße Funktion des Kontrollgeräts und der Fahrerkarte in einem Zeitraum von 24 Stunden, kostet das entsprechend dem neuen Bußgeldkatalog für 2019 je 250 Euro. Das gleiche Bußgeld wird für das Nichtbenutzen der Fahrerkarte fällig, auch das fehlende oder nicht rechtzeitige Vorlegen der Ausdrucke wird in dieser Art geahndet. Ist die Kontrolle der Fahrerkarte aufgrund von Fehlfunktionen oder Beschädigungen erschwert, kostet das 75 Euro. Eine defekte Fahrerkarte hingegen wird mit 250 Euro bestraft. Wer länger als 15 Tage unberechtigt ohne Fahrerkarte unterwegs ist, muss 50 Euro berappen.
Strafen sieht der Bußgeldkatalog auch für den Unternehmer vor, doch da die Fahrerkarte in die Verantwortung des Fahrers zählt, ist dieser zuerst gefragt und muss seiner Verantwortung zum Mitführen und Auslesen der Karte Folge leisten.
4. Fahren ohne Fahrerkarte: Eine Straftat?
Beim Fahren ohne Fahrerkarte handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, nicht um einen Straftatbestand. Das Strafgesetzbuch kennt in § 268 lediglich Manipulationen als Straftat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Fahrer einfach keine Fahrerkarte mitführt oder diese ordnungsgemäß in das Gerät einführt. Für diesen Paragraphen spielt es keine Rolle, dass das Fahren ohne Fahrerkarte grundsätzlich nicht erlaubt ist. Die Ordnungswidrigkeit hingegen besteht nach dem Personenbeförderungsgesetz und wird danach geahndet.
Wie lässt sich das Fahren ohne Fahrerkarte vermeiden?
Für den Fahrer gibt es keine Möglichkeit, beim Fahren eines Lkw das Mitführen der Fahrerkarte zu umgehen. Er hat dieser gesetzlichen Vorschrift zwingend Folge zu leisten. Auch bei Verlust, Beschädigung oder Diebstahl der Karte müssen entsprechende Maßnahmen je nach Situation ergriffen werden, um den Aufzeichnungspflichten gerecht zu werden:
Während der Fahrt
Der Fahrer muss zum Ende der Fahrt die Angaben zu den verschiedenen vom Kontrollgerät erfassten Zeitgruppen ausdrucken und auf dem Ausdruck Angaben zu seiner Person machen. Das heißt, dass hier Name und Vorname, Nummer des Führerscheins und Nummer der Fahrerkarte erfasst werden müssen. Außerdem ist der Ausdruck zu unterschreiben.
Vor dem Fahren
Der Fahrer muss einen Ausdruck zu Fahrtbeginn anfertigen und die eben genannten Daten dort vermerken. Die Fahrt ohne Fahrerkarte darf höchstens 15 Tage (unter Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten) fortgesetzt werden. Ausnahmsweise ist das Fahren über diesen Zeitraum hinaus möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Ersatz der Fahrerkarte binnen dieser Frist nicht möglich war.
Wichtig: Mit den Verordnungen (EG) 561/2006 sowie (EU) 165/2014 wurden zwei Neuregelungen geschaffen, die für den Güter- und Personentransport relevant sind. Es handelt sich dabei um Privatfahrten mit Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 7,5 Tonnen. Lkw und Omnibusse bis zu diesem Gewicht dürfen auch ohne Fahrerkarte und Kontrollgerät gelenkt werden. Auch die Nachweise über die vergangenen 28 Tage sind nicht zu erbringen.
Ebenfalls relevant ist die Information aus Artikel 33 der Verordnung (EU) 165/2014, dass ein Fahrer den Anspruch auf Unterweisung in den ordnungsgemäßen Gebrauch des digitalen Tachographen und der Fahrerkarte hat. Für die Unterweisung hat der Unternehmer Rechnung zu tragen.
5. Fahren mit Karte: Hilfe durch DTCO 4.0
Ab dem 15. Juni 2019 wird die Welt der digitalen Fahrtenschreiber komplett verändert sein, denn bis dahin müssen alle Fahrzeuge mit einer neuen Generation der digitalen Kontrollgeräte ausgerüstet worden sein. Das Fahren ohne Fahrerkarte soll damit gänzlich unterbunden werden. Die Tachographen setzen auf die Positionsbestimmung per Satellit, bieten eine sogenannte Nachbereichskommunikation (DSRC) für alle Behörden, die zu Kontrollen im Vorbeifahren berechtigt sind und sie dienen der Verbesserung des Sicherheitsstandards im Straßenverkehr. Dank des DTCO 4.0 ist die Manipulation an Fahrtenschreibern und Kontrollkarten nahezu unmöglich. Mehr Informationen zum Aufzeichnen und Sicher der Daten auf der Fahrerkarte liefert die Webseite von VDO.
6. Der digitale Tachograph als Ausweg aus dem Dilemma des Fahrers
Viele Fahrer stehen ständig unter Zeitdruck, weil sie ihre Lieferungen ausbringen müssen, die Fahrzeiten aber zu knapp berechnet wurden. Die aktuelle Verkehrssituation bringt weitere Verzögerungen mit sich, die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten sollen aber eingehalten werden.
Dank des DTCO 4.0 sind Kontrollen des Fahrtenschreibers aber am fahrenden Fahrzeug möglich, was eine enorme Zeitersparnis für den Fahrer und damit eine deutliche Stressreduzierung bringt. Informationen werden vorab abgerufen und per Funk über die DSRC-Schnittstelle an die Kontrollbeamten übermittelt. Der Lkw wird nur noch bei Unregelmäßigkeiten angehalten.
Das Auslesen des digitalen Tachographen im Vorbeifahren bringt dem Fahrer jedoch noch einen weiteren Vorteil. Die Kontrollen verringern auch den Zeitaufwand hierfür auch bei den Kontrollbehörden. Dies hat zur Folge, dass mehr Lkws kontrolliert werden können. Wer als Unternehmer bislang noch damit rechnen konnte, bei den relativ seltenen Kontrollen der Lenk- und Ruhezeiten durchs Netz der Überwacher schlüpfen zu können, muss nun mit einem Erkanntwerden rechnen. Die empfindlichen Bußgelder für das Nichteinhalten der Lenk- und Ruhezeiten betreffen vor allem auch den Unternehmer. Dieser wiederum wird künftig durch eine sorgsamere Planung und Disposition auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten achten müssen. Somit verhilft der neue digitale Tachograph indirekt vor allem dem Lkw-Fahrer zu einer Entlastung.
7. Datenschutz und Sicherheit
Kryptographische Verschlüsselungsverfahren sorgen für die nötige Datensicherheit beim Auslesen der Tachographen. Der Fahrer selbst muss den Privacy Button betätigen, ehe seine personenbezogenen Daten übertragen werden. Die Daten sind damit ausreichend geschützt und können nicht ohne individuelle Einwilligung verarbeitet oder weitergegeben werden. Dabei gibt es ohnehin nur 18 Datensätze (von insgesamt 72), die nicht speziell freigegeben werden müssen, da sie keine persönlichen Daten erhalten.
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