Als Einzelhandelskaufmann bzw. -kauffrau hat man in vielen größeren Betrieben gute Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten. Ein vielseitiger und beliebter Beruf. Doch welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um in einem Ausbildungsbetrieb anfangen zu können?
Welchen Schulabschluss benötigt ein Einzelhandelskaufmann für die Ausbildung?
Aus rechtlicher Sicht sind die Zugangsvoraussetzungen für anerkannte Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der jeweiligen Handwerksordnung geregelt. Für die meisten dieser Berufsbilder gilt, dass man theoretisch keine besonderen schulischen Voraussetzungen mitbringen muss. Natürlich bedeutet das nicht, dass die Chancen für alle Bewerber auf begehrte Ausbildungsstellen gleich sind, denn wer ein gutes Abgangszeugnis mit einem ordentlichen Abschluss vorlegen kann, wird vom Personalchef vermutlich eher berücksichtigt als jemand, der keinerlei Abschluss vorweisen kann. Insofern empfiehlt es sich, zumindest einen Hauptschulabschluss in der Tasche zu haben. Auch ein sogenanntes Berufsgrundbildungsjahr bzw. das Berufsvorbereitungsjahr können als Hilfe oder Überbrückung dienen, wenn man ohne Abschluss dasteht und nur Absagen bekommt.
Tatsächlich bringen Bewerber mit solchen Abschlüssen oft die besseren Voraussetzungen mit als direkte Schulabgänger mit Abschluss, weil ihnen bereits bestimmte berufsrelevante Fähigkeiten vermittelt wurden und sie im Ausbildungsberuf nicht bei null anfangen müssen. Konkrete Voraussetzungen, um Einzelhandelskaufmann zu werden, gibt es in schulischer Hinsicht jedenfalls nicht – ein guter Abschluss verbessert aber natürlich die Chancen auf eine Ausbildungsstelle. Obwohl also rechtlich kein bestimmter Schulabschluss vorgesehen ist, um Einzelhandelskaufmann bzw. -kauffrau werden zu können, verlangen die Betriebe in der Praxis normalerweise bestimmte Mindeststandards. Besonders beliebt sind Bewerber mit einem mittleren Bildungsabschluss (entsprechend dem Realschulabschluss). Knapp ein Fünftel der Ausbildungsstellen wird an Bewerber vergeben, die eine Berufsfachschule besucht haben. Neben dem Ausbildungsbetrieb kann aber auch die Berufsschule besondere Voraussetzungen zum Zugang festlegen.
Persönliche Voraussetzungen sind oft wichtiger als Zeugnisse
Bei einigen Berufen, und dazu gehört der Einzelhandelskaufmann bzw. die -kauffrau, müssen unter Umständen bestimmte andere Voraussetzungen erfüllt werden, um in speziellen Bereichen tätig zu sein. So müssen Kaufmänner und Kauffrauen im Lebensmittelbereich ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen. Formale Voraussetzungen sind ansonsten in der Regel nicht notwendig, wobei im Einzelfall ein Arbeitgeber eventuell bestimmte Vorstellungen hat, welche Bewerber zum Unternehmen passen und welche nicht. Hierbei kommen die persönlichen Voraussetzungen für Einzelhandelskaufleute hinzu.
Freude im Umgang mit Organisationsvorgängen im Lager, im Ladengeschäft, der Umgang mit Kunden sowie nicht zuletzt der sichere Umgang mit Zahlen gehören sicher dazu. Je nach Branche kommen weitere Voraussetzungen hinzu, die sich mit den speziellen Eigenheiten der Geschäftsausrichtung befassen. Wer zum Beispiel eine Tierallergie hat oder nicht gerne mit Tieren umgeht, sollte auf die Bewerbung zum Einzelhandelskaufmann dort verzichten. Besonders der freundliche und gekonnte Umgang mit Kunden wird im Einzelhandel oft vorausgesetzt.
Während man in einem großen Discounter in der Regel kaum Beratungs- oder Verkaufsgespräche führt, ist dies etwa in einem Bekleidungs- oder Schuhgeschäft in einer Innenstadtpassage an der Tagesordnung. So etwas muss einem Bewerber bzw. einer Bewerberin zu einem gewissen Grad liegen, denn wer damit nichts anfangen kann, wird diese Fähigkeiten oder Soft Skills kaum erlernen können.
Das äußere Erscheinungsbild muss zur Branche passen
Stress spielt im Berufsalltag der Einzelhandelskauffrau bzw. des -kaufmanns eine große Rolle. Besonders in Betrieben, die lange Öffnungszeiten (auch am Wochenende) haben, ist die Belastung groß. Dies betrifft vor allem größere Läden und Einzelhandelsketten wie z. B. Discounter, die allerdings nicht zuletzt auch aus diesen Gründen oft eine bessere Ausbildungsvergütung und Aufstiegsaussichten aufweisen als ein kleiner Laden auf dem Land.
Letzterer hat aber normalerweise ein wesentlich geringeres Aufkommen an Stress und entspannte Öffnungszeiten. Trotzdem sind gut laufende Einzelhandelsgeschäfte immer eine Quelle für Stress. Ein hohes Kundenaufkommen zu Stoßzeiten, schwierige Kunden oder langwierige Beratungen gehören zum Berufsalltag dazu. Wichtig dabei: Der Einzelhandelskaufmann muss immer freundlich und zuvorkommend sein und dabei Kompetenz ausstrahlen. Freundliches und korrektes Auftreten wird also von den meisten Arbeitgebern schon vor Ausbildungsbeginn vorausgesetzt, denn die wenigsten Betriebe werden Zeit dafür aufwenden können, eine gute Kinderstube bei den Auszubildenden nachzuholen.
Das Erscheinungsbild ist unabhängig vom freundlichen Umgang manchmal ein Konfliktpunkt zwischen Arbeitgeber und Auszubildenden. Ein gepflegtes Äußeres gehört dazu – und die Vorstellungen davon weichen manchmal voneinander ab. Außerdem sollte man wissen, dass Kauffrauen und Kaufmänner in Einzelhandelsketten häufig besondere Dienstkleidung tragen müssen. Insgesamt gehört also zu den grundlegenden Voraussetzungen in diesem Beruf, mit einem Gespür für das korrekte Auftreten und Erscheinungsbild ausgestattet zu sein. Was nicht bedeutet, dass man nicht mit ausgefallenen Frisuren oder Kleidungsstilen einen Ausbildungsplatz finden kann. Es gibt Unternehmen, zu denen passt ein flippiger Azubi mit extremen modischen Vorlieben sehr gut, in anderen funktioniert es weniger.
Möchte man beispielsweise bei einem Herrenausstatter anfangen, der vor allem Geschäftsleute mit seriösen Anzügen versorgt, nimmt man einem Kundenberater in T-Shirt und kurzer Hose sowie einer auffälligen Trendfrisur nicht unbedingt ab, dass er über die notwendige Kompetenz verfügt. In einem Fahrradladen kann derselbe Einzelhandelskaufmann vielleicht gerade die Wunschklientel ansprechen. Wie bereits gesagt: Die Wahl der Branche ist bei der Entscheidung für dieses Berufsbild von großer Bedeutung.
Produktwissen ist bei Beratungen unersetzbar
Hand in Hand mit dem Erscheinungsbild geht das Produktwissen. Wer ein Auto verkaufen soll, muss sich mit Ausstattungsdetails und Motorisierungen auskennen. Besonders in Bereichen, in denen ein Kunde häufig bereits mit eigenem Vorwissen auftritt und recherchiert hat, ist dies wichtig, denn Inkompetenz fällt hier sofort auf. Umfassendes Fachwissen über die einzelnen Produkte und ihre Vor- und Nachteile sind dabei wichtig, denn vom Kaufmann erwartet der Kunde nicht nur, dass er ihm irgendein teures Produkt aufschwatzt, sondern vor allem eine gute Beratung.
Die meisten Arbeitgeber sehen das ebenso, denn zufriedene Kunden kommen wieder – und das ist besonders für kleinere Läden der eigentlich wichtige Teil. Je größer die Produktpalette, desto umfangreicher die Voraussetzungen. Arbeitet man nur in einer bestimmten Abteilung, sollte man sich auch zumindest grundlegend mit den Artikeln anderer Abteilungen auskennen. Nichts nervt Kunden so sehr wie ein Berater, der auf eine andere Abteilung verweist, wie es etwa in Baumärkten immer noch üblich ist.
Im Sinne eines guten Service fordern viele Arbeitgeber bestimmte Allroundtalente. In Supermärkten und Discountern müssen Einzelhandelskauffrau und -kaufmann in der Regel eine weitaus größere Zahl an einzelnen Produkten kennen. Allerdings richtet sich das Interesse der Kunden dort üblicherweise vor allem danach, wo man bestimmte Artikel im Ladenregal finden kann. Detaillierte Produktkenntnisse im Sinne einer Beratung sind dort seltener gefordert. Mit einem zunehmenden Qualitätsbewusstsein der Kunden wird aber auch in Discountern immer öfter nach bestimmten Produkteigenschaften gefragt, die der Einzelhandelskaufmann dann auch abrufen können sollte.
Umgang mit Kunden muss freundlich und korrekt sein
Zum Alltag gehören unweigerlich auch Reklamationen und Beanstandungen von Kunden. Hier ist generell zu unterscheiden zwischen Reklamationen, die aus rechtlichen Gründen durchgeführt werden müssen (z. B. defekte Ware), und dem Umtausch aus Kulanz, auf den der Kunde eigentlich keinen gesetzlichen Anspruch hat. Gerade im Einzelhandel gibt es für Letzteres in der Regel klare Vorgaben der Eigentümer, wie mit Kulanzfällen umgegangen wird. Große Handelsketten räumen den Kunden oft freiwillig sehr großzügige Umtauschrechte ein, nach denen sich der Einzelhandelskaufmann dann auch zu richten hat.
In jedem Fall ist eine positive Grundhaltung Voraussetzung im Umgang mit Kunden, auch wenn diese im Einzelfall schwierig sein können. Wem dieser Kontakt mit Menschen nicht liegt, sollte von einer Bewerbung für Ausbildungsstellen für Kauffrauen und Kaufmänner im Einzelhandel absehen. Nicht zuletzt möchten wir noch auf die absolute Ehrlichkeit verweisen. Diese wird zwar so gut wie immer von Chefs vorausgesetzt, aber wer mit Warenbeständen und Kassen umgeht sowie Kunden bedient, muss vertrauenswürdig und ehrlich gegenüber Unternehmen und Kunden gleichermaßen sein.
Fazit: Kaum rechtliche Voraussetzungen, aber nicht jeder ist zum Einzelhandelskaufmann geeignet
Obwohl die rechtlichen Zugangsvoraussetzungen nicht besonders hoch sind, ist ein qualifizierter Schulabschluss zu empfehlen. Besonders gut macht sich in der Bewerbung ein Berufsgrundbildungsjahr oder ähnliche Qualifikationen. Neben einigen gesundheitlichen Voraussetzungen in bestimmten Branchen sind vor allem persönliche Eigenschaften entscheidend. Korrektes Auftreten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kunden ist im Alltag von Einzelhandelskauffrau und Kaufmann zwingend notwendig.
Je nach Branche, Öffnungszeiten und Betriebsgröße kann die Stressresistenz von zusätzlicher Bedeutung sein. Wer diese Eigenschaften mitbringt und Freude an Organisation und Kundenkontakt hat, für den ist eine Karriere als Einzelhandelskaufmann zu empfehlen.
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