Was ein Vorgesetzter darf und was er gern möchte, sind zwei verschiedene Dinge, denn nicht alles, was er gern wissen will, darf er erfragen. Doch wie sieht es eigentlich genau aus: Was darf der Chef und was nicht? Was muss er wissen, was darf er wissen und was geht ihn nichts an? Und, darf ein Arbeitnehmer lügen?
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Regelungen im Arbeitsvertrag: Das darf der Chef
Der Arbeitsvertrag regelt die wichtigsten Details zum Arbeitsverhältnis, Rechte und Pflichten werden hier niedergeschrieben. In Deutschland herrscht die sogenannte Vertragsfreiheit, der Arbeitgeber ist also an keine rechtliche Vorschrift gebunden, wenn er den Arbeitsvertrag ausformuliert. Arbeitnehmer sollten daher wissen, worauf sie achten müssen und wo eventuelle Stolpersteine liegen können.
Die folgenden Punkte sind für Arbeitnehmer wichtig und dürfen vom Arbeitgeber frei gestaltet werden:
- Befristung
Im Arbeitsvertrag ist eine zeitliche Frist genannt, in dem das Ende des Vertragsverhältnisses genannt werden muss. Eine separate Kündigung ist dann nicht erforderlich. Der Arbeitsvertrag läuft automatisch zu dem genannten Datum aus. Ein Problem ergibt sich aber, wenn der Angestellte am Tag nach Auslaufen der Befristung am Arbeitsplatz erscheint. Der Arbeitgeber muss ihn dann umgehend nach Hause schicken. Andernfalls kann dieses Vorgehen den Arbeitsvertrag stillschweigend verlängern, ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit den gesetzlich einzuhaltenden Kündigungsfristen entsteht. - Stellenbeschreibung
Nicht immer ist die Stellenbeschreibung bis ins Detail verfasst wenn der Chef die Aufgaben im Vertrag nicht eindeutig definiert, kann ein Arbeitnehmer flexibel eingesetzt werden. Entsprechend seiner Qualifikationen kann er demnach im gesamten Unternehmen zum Einsatz kommen. - Überstunden
Im Arbeitsvertrag festgelegte Überstunden dürfen seitens des Chefs verlangt werden. Ordnet er sie aber extra an, muss eine Vergütung für die zusätzliche Arbeitszeit erfolgen. Als Alternative zur Vergütung gibt es die Möglichkeit eines Ausgleichs, etwa über einen zusätzlichen Urlaubstag, bekannt als Freizeitausgleich. - Probezeit
Die Probezeit muss in ihrer Dauer festgehalten werden, die Kündigungsfrist beträgt in dieser Zeit nur zwei Wochen. - Nebentätigkeiten
Der Arbeitgeber darf jede Art der Nebentätigkeit verbieten, sofern sie die Arbeitsleistung des Angestellten mindert oder wenn ein Interessenkonflikt besteht. Natürlich darf kein Angestellter nebenher für die Konkurrenz arbeiten! Es sei denn, der Chef erlaubt das ausdrücklich. - Kleidung
Der Arbeitgeber bestimmt das Erscheinungsbild seiner Angestellten, was vor allem im Kontakt mit Kunden wichtig ist. Gibt es eine einheitliche Unternehmenskleidung, beispielsweise Hemden und Blusen mit dem Logo des Unternehmens -, so müssen auch neue Mitarbeiter diese Kleidung tragen. Sie wird allerdings vom Arbeitgeber gestellt bzw. werden die Kosten dafür übernommen. - Arbeitsort
Dieser Punkt muss im Arbeitsvertrag geregelt sein und besagt, dass der Chef seinem Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen einen anderen Arbeitsort zuweisen darf. Wurde dazu keine Vereinbarung getroffen, darf der Chef seine Mitarbeiter nicht einfach so in eine andere Stadt schicken, um dort Aufträge zu erledigen. Es geht hierbei um dauerhafte Arbeitsorte, Dienstreisen sind von dieser Regelung nicht betroffen, diese können immer angeordnet werden.
Informationen aus dem Internet
Manche Chefs sind neugierig und wollen alles ganz genau wissen. Sie forschen daher nach Bewerbern im Internet, suchen Fotos und Äußerungen auf sozialen Netzwerken. Allerdings fällt das Recherchieren hier unter das Erheben und Auswerten von Daten und unterliegt somit dem Bundesdatenschutzgesetz. Der Chef darf das nur, wenn die ermittelten Daten für die Bewerbung wichtig sind. Private Fotos, die nicht mit dem zu besetzenden Job in Verbindung stehen, dürfen nicht beachtet werden. Aber welcher Bewerber kann schon beweisen, dass er aufgrund eines Fotos im Netz nicht eingestellt wurde?
Nicht umsonst gibt es den Ratschlag, im Netz nicht zu viel über sich preiszugeben. Außerdem: Personalchefs dürfen überprüfen, ob die Angaben, die ein Bewerber in seinem Lebenslauf gemacht hat, richtig sind. So darf der Vorgesetzte Xing und Co. nutzen, um die Angaben bezüglich Schulbildung, Ausbildung und Qualifikationen aus dem Lebenslauf des Bewerbers zu überprüfen.
Datenerhebung und Datenspeicherung: Darf das sein?
Dürfen Arbeitgeber Daten über ihre Mitarbeiter speichern? Diese Frage stellen sich viele Arbeitnehmer und sie ist relativ einfach zu beantworten: Der Chef darf alle Daten speichern, die er braucht, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er muss wissen, welcher Religion Sie angehören, wie Ihr Familienstand ist und ob Sie Kinder haben. Diese Daten haben direkte Auswirkungen auf Ihre Vergütung. Auch die Staatsangehörigkeit ist wichtig, des Weiteren dürfen Daten zu Schul- und Berufsausbildung und zu Sprachkenntnissen gespeichert werden. Diese Daten müssen allerdings verschlusssicher aufbewahrt werden.
Die nächste Frage zielt auf den Datenschutz ab: Dürfen Chefs eigene Vereinbarungen zum Datenschutz mit den Mitarbeitern treffen? Ja, der Vorgesetzte darf das, sofern der Mitarbeiter freiwillig zustimmt. Den gesetzlichen Datenschutz darf er damit aber nicht aushebeln und sensible Daten zur ethnischen Herkunft, zum Sexualleben oder zur Angehörigkeit zu einer Gewerkschaft dürfen nicht erhoben und gespeichert werden.
Da kann der Angestellte zwar sagen, dass ihm das nichts ausmache. Der Chef darf diese Daten schlichtweg nicht haben. Er kann sich dementsprechend die Aussagen des Angestellten zwar anhören, wenn dieser freiwillig davon erzählt. Explizit nachfragen oder gar Notizen dazu machen, das darf er nicht.
Der Arbeitnehmer ist krank: Was darf der Chef wissen?
Der Vorgesetzte darf zwar wissen, dass sein Angestellter krank ist, aber nicht, was er hat. Es ist auch nicht zulässig, in der Akte entsprechende Notizen zu hinterlassen wie: „Herr Meyer ist schon wieder eine Woche krank wegen einer Erkältung.“
Die Diagnose teilt der Arzt seinem Patienten mit und der Krankenkasse, den Arbeitgeber geht sie nichts an. Die Krankheitszeiten hingegen muss der Arbeitgeber erfassen, denn hieran bemisst sich die Vergütung des Mitarbeiters. Wer mehr als sechs Wochen wegen der gleichen Sache krank ist, bekommt nur noch Krankengeld, was aber nur möglich ist, wenn der Vorgesetzte einen Überblick über die Krankheitszeiten seiner Mitarbeiter hat.
Erlaubt ist, dass Chef seinen Angestellten wegen dessen Erkrankung entlässt, sofern ihn diese daran hindert, seine Arbeit überhaupt wieder auszuüben. Er darf auch bei der Krankenkasse erfragen, ob es sich um eine Folgediagnose oder um eine Erstkrankschreibung handelt, die aufgrund einer weiteren Erkrankung erfolgte und zufällig nahtlos an die erste Krankschreibung anknüpft. Doch auch hier darf keine konkrete Diagnose genannt werden.
Wichtig zu wissen:
Listen darüber, welcher Mitarbeiter wie lange krank ist und wer die „Krankenliste“ in der Firma anführt, sind arbeitsrechtlich verboten. Es darf demnach keine Übersicht entstehen, welcher Mitarbeiter wie oft krank ist, wer am effektivsten arbeitet und in der Zeit seiner Krankschreibung vielleicht im Supermarkt gesichtet wurde.
Hilfe, der Chef liest mit!
Dem Chef ist es erlaubt, die beruflichen E-Mails der Mitarbeiter zu lesen, solange die Sache im Rahmen bleibt. Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das heißt, er darf nicht jede E-Mail auswerten, kann aber entsprechende Programme nutzen, die den Mailverkehr nach bestimmten Schlagworten durchsuchen. Für private E-Mails gilt das nicht, und wenn der Arbeitgeber erlaubt hat, dass die Angestellten Privatmails während der Arbeitszeit verfassen dürfen, sind diese für ihn tabu.
Für den Mitarbeiter ist es einfacher, je einen separaten Account für die beruflichen und die privaten E-Mails zu verwenden. Wichtig: Telefonate dürfen generell nicht belauscht werden, allerdings ist es rechtlich möglich, die Verbindungsdaten erfassen zu lassen. So lassen sich die verbotenen Privatgespräche aufdecken.
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Dürfen Mitarbeiter per Video überwacht werden?
Die Ziele mögen gut gemeint sein. Der Arbeitgeber möchte Straftaten am Arbeitsplatz verhindern und hängt eine Videokamera auf. Doch ohne konkreten Verdacht darf er das nicht. Die Mitarbeiter dürfen nicht kontrolliert werden. Sollte jedoch ein haltbarer Verdacht vorliegen und ist es nicht möglich, den Straftäter anderweitig dingfest zu machen, so ist die heimliche Überwachung per Kamera sogar ausdrücklich erlaubt. Die Kamera muss aber wieder entfernt werden, sobald der Fall aufgeklärt werden konnte.
Anders liegt die Sache, wenn in dem jeweiligen Arbeitsbereich ohnehin die Kameraüberwachung üblich ist wie in vielen Verkaufseinrichtungen oder an Tankstellen. Hier müssen sich die Arbeitnehmer damit abfinden, überwacht zu werden.
Müssen Mitarbeiterdaten nach Ausscheiden aus der Firma gelöscht werden?
Je nach Inhalt der Personalakte gelten unterschiedliche Fristen in puncto Aufbewahrung. Unterlagen, die als gesetzliche Belege definiert sind, wie etwa Gehaltsabrechnungen, müssen zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Beurteilungen und Arbeitszeugnisse hingegen können schon nach einem halben Jahr vernichtet werden. Da aber kaum ein Arbeitgeber in bestimmten Abständen alle Mitarbeiterakten durchsucht, kann es auch sein, dass die Akte komplett erst nach zehn Jahren gelöscht wird.
Das darf der Chef nicht!
Neben all den Rechten, die der Vorgesetzte hat, gibt es natürlich auch Dinge, die er gesetzlich nicht darf. Er darf zum Beispiel nicht verlangen, dass seine Angestellten für ihn lügen. Wurde zum Beispiel ein Liefertermin nicht eingehalten, weil die Kollegen aus der Fertigung zu langsam waren, darf der Chef nicht verlangen, dass Sie für ihn lügen und dem Kunden die Unwahrheit präsentieren. Das gilt auch für seine eigenen Verfehlungen. Er darf die Verantwortung dafür nicht auf Sie abwälzen oder gar verlangen, dass Sie die Schuld übernehmen.
In der Praxis recht häufig:
Ein schon genehmigter Urlaub wird durch den Chef verschoben. Allerdings darf ein Vorgesetzter nur dann den schon genehmigten Erholungsurlaub wieder streichen, wenn eine Ausnahmesituation vorliegt. Sollte die Firma nicht fortbestehen können, weil ein betreffender Mitarbeiter gerade in der herrschenden Krisensituation in den Urlaub geht, so darf der Chef den Urlaub ohne die Zustimmung des betreffenden Mitarbeiters streichen. Das ist aber fast nie der Fall, denn welche Firma sollte schon genau in den zwei Wochen plötzlich in den Ruin rutschen? Arbeitnehmer können sich wehren, wenn der Vorgesetzte ihnen verbieten will, den bereits genehmigten Urlaub anzutreten.
Folgenden Dinge darf der Vorgesetzte nicht darf
- Verzicht auf Pausen verlangen
Pausen sind gesetzlich vorgeschrieben und richten sich in ihrer Dauer nach der Gesamtheit der täglichen Arbeitszeit. Der Chef darf diese Erholungszeiten also nicht verbieten. Was auch in seinem eigenen Interesse sein dürfte. Niemand kann acht Stunden am Tag konzentriert und ohne Pause arbeiten. Wer sich nicht mehr konzentrieren kann, arbeitet weniger motiviert und kaum effektiv. Der Nutzen eines solchen Mitarbeiters für das Unternehmen steht infrage. - Mitarbeiter auf Spionage schicken
Ein Vorgesetzter darf nicht von seinen Angestellten verlangen, dass diese Informationen über ihre Kollegen herausgeben. Dies sorgt aber nicht nur für Unfrieden unter den Beteiligten, sondern auch für ein schlechtes Arbeitsklima. - Arbeiten im Krankheitsfall
Der Vorgesetzte darf nicht verlangen, dass jemand trotz Krankheit arbeitet. Wer sich krankmeldet und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, ist nachweislich nicht in der Lage, seinen Job richtig auszuüben. Der Chef darf nicht verlangen, dass ein kranker Mitarbeiter am Arbeitsplatz erscheint oder dass er ein Projekt von zu Hause aus weiterbearbeitet.
Hier ist die Überwachung erlaubt:
Es gibt Vorgesetzte, die würden ihre Angestellten am liebsten den lieben langen Tag lang vollständig überwachen. Das dürfen sie natürlich nicht, doch es gibt neben der bereits erwähnten Videoüberwachung zur Ergreifung eines Straftäters noch weitere Fälle, bei denen der Angestellten überwacht werden kann.
Ein Arbeitgeber kann zum Beispiel seine Lkw-Fahrer über GPS kontrollieren, ob sie sich an die Pausenzeiten halten. Dies hat einen rechtlichen Hintergrund, denn wenn ein Unfall wegen nicht eingehaltener Pausen geschieht, haftet der Arbeitgeber hierfür mit. Allerdings darf der Fahrer nicht konsequent überwacht werden. Es geht den Arbeitgeber nichts an, an welchem Ort genau sich der Fahrer gerade befindet. Das zu wissen kann zwar praktisch sein, ist aber nicht nötig.
Die Sachlage gestaltet sich wiederum anders, wenn die Überwachung eine Betriebsvereinbarung als Hintergrund und somit als Erlaubnis hat. In diese haben die Arbeitnehmer eingewilligt bzw. ist es möglich, den einzelnen Angestellten um seine Zustimmung zu bitten.
Wichtig:
Die Zustimmung zur Überwachung muss freiwillig geschehen und sollte vom Arbeitsvertrag getrennt sein. Hat der Arbeitnehmer das Gefühl, dass an der Zustimmung sein Arbeitsplatz hängt, ist die Überwachung nicht rechtens. Die Genehmigung wurde unter Zwang erreicht, das darf nicht sein.
Überwachen der Surf-Aktivitäten
Die einen Arbeitgeber erlauben das private Surfen am Arbeits-PC, die anderen verbieten es rigoros. Während die erstgenannten Vorgesetzten kaum eine Überwachung durchführen wollen, möchten die anderen verständlicherweise wissen, ob ihr Verbot eingehalten wird. Hierbei ergibt sich sogar ein besonderer Fall: Wenn der Arbeitgeber die Einhaltung des Verbots nicht kontrolliert, kann es sein, dass die „betriebliche Übung“ das Verbot aushebelt. Das heißt, dass das Verbot zum privaten Surfen nicht mehr gilt, weil sich niemand daran hält.
Ansonsten gilt, dass der Arbeitgeber Daten nur anonym auswerten darf. Er kann die Aktivitäten der einzelnen Abteilungen oder Teams analysieren und dann auswerten, welche Teams besonders effizient arbeiten und wie gut die Vernetzung ist. Allerdings ergibt sich damit auch die Möglichkeit, herauszufinden, welches Team besonders gut ist und auf welches das Unternehmen verzichten kann.
Unkonkrete EU-Datenschutzverordnung
In der Realität wissen viele Arbeitgeber gar nicht, auf welche Art und Weise sie Daten sammeln und was sie alles auswerten können. Verschiedene Computerprogramme zur Auswertung der Aktivitäten der Mitarbeiter gibt es bereits, doch längst nicht alle Chefs setzen auf eine derartige Überwachung.
Gut zu wissen: Die neue EU-Datenschutzverordnung gesteht dem Arbeitnehmer mehr Auskunftsrechte zu, dem Arbeitgeber hingegen deutlich mehr Informationspflichten. Doch viele Fragen bleiben auch hier offen und es ist nicht geklärt, ob ein Arbeitgeber Bewegungsprofile erstellen kann, ob er beispielsweise Fingerabdrücke speichern darf oder ob er soziale Netzwerke seiner Angestellten durchschauen kann.
Experten halten die neue EU-Datenschutzverordnung für viel zu ungenau und zu wenig auf den Einzelfall zugeschnitten. Andere Fachleute halten dagegen und sehen in den Lücken der Verordnung die Chance für den Gesetzgeber, später noch tätig zu werden. Es sei nicht möglich, alle Details genau zu regeln, denn die technologische Entwicklung schreite viel zu schnell voran und folglich weiß niemand, was noch kommt bzw. was noch zu schützen ist.
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