Das Betreuungsgeld wurde auf Bundesebene als verfassungswidrig verboten. In unterschiedlicher Form existiert es in drei Bundesländern weiter. Wie viel Euro Eltern in diesen Ländern bekommen und Tipps, wie man es bekommt.
Betreuungsgeld: Gibt es das überhaupt noch?
Ursprünglich wurde es als Sozialleistung des Bundes geplant. Für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen wollen und sich gegen die Betreuung in einer Kindertagesstätte entschieden haben. Eine Leistung zusätzlich zum Kindergeld.
Eingeführt im August 2013, wurde es vom Bundesverfassungsgericht im Juli 2015 als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar verworfen. Der Bund sei für diese Leistungen nicht zuständig, also ein Urteil aus formalen und nicht inhaltlichen Gründen. In unterschiedlichen Varianten lebt das Betreuungsgeld in Bayern und Sachsen aber weiter. Im Fokus der Auseinandersetzung steht aber der süddeutsche Freistaat.
Voraussetzungen für das Betreuungsgeld bzw. Familiengeld
- Wohnsitz in Bayern
- Kind lebt in Haushalt des Antragsstellers und bezieht Kindergeld
- Antragsteller erzieht Kind selbst (unabhängig von Kita-Besuch)
- Kind ist zwischen 13 und 36 Lebensmonate alt
Familiengeld: Diese Bürger bekommen es in Bayern
Das jetzt auch offiziell als Familiengeld bekannte Bayerische Betreuungsgeld wurde ab dem 1. September 2018 eingeführt. Es steht im Prinzip allen Eltern von ein- und zweijährigen Kindern zu. Unabhängig von der Höhe des Einkommens oder ob jemand erwerbstägig ist.
Gefördert wird es mit 250 Euro pro Kind und Monat. Wer drei Kinder hat, bekommt sogar 300 Euro je Monat. Mütter und Väter können sich also auf einen warmen Geldregen freuen. Anspruch auf diese Förderung haben momentan 250.000 Kinder alleine in Bayern. Inzwischen können Eltern das Familiengeld auch dann bekommen, wenn das Kind eine Krippe besucht.
Wann ist das Geld auf dem Konto?
Das richtet sich nach dem Geburtstag des Kindes. Die Zahlung erfolgt dann innerhalb der ersten 5 Arbeitstage im Lebensmonat.
Berechnung:
Die Geburt des Kindes erfolgte zum Beispiel am 16.08.2017.
Der Lebensmonat beginnt also jeweils an einem 16. des Monats.
Auf dem Konto ist das Geld spätestens:
- im September am 21.09.2018,
- im Oktober am 23.10.2018,
- im November am 23.11.2018 usw.
Vorteil: Kein eigener Antrag notwendig
In den meisten Fällen müssen Eltern das Betreuungsgeld nicht extra beantragen. Denn der bisherige Antrag auf Elterngeld gilt auch fürs Familiengeld. Es erfolgt zudem eine automatische Umstellung der Zahlungen.
Als zusätzlicher Service erfolgt noch ein Schreiben, wo Eltern auf die Möglichkeit hingewiesen werden, auch das Betreuungsgeld zu bekommen. Und wer noch keinen Antrag auf Elterngeld gestellt hat, kann diesen online nachholen. Das jeweilige Bezirksamt oder Jugendamt weiß aber im Falle eines Falles auch Bescheid.
Betreuungsgeld: Keine Pflicht zur Erziehung zuhause
Frauen vom Arbeitsplatz fernhalten mit einer Art „Herdprämie“? Dieser Vorwurf von Kritikern des Betreuungsgeldes scheint entkräftet. Auch Mütter, die einem Beruf nachgehen, können dieses Zusatzgeld bekommen. Die bayerische Staatsregierung betont: Es herrscht Wahlfreiheit unabhängig von Landkreis. Dazu gehört, dass es den Frauen freigestellt wird, wie diese ihr Leben gestalten und welche Lebensentwürfe dazu gehören.
Hartz 4 und Familiengeld?
Auch Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz 4) haben grundsätzlich Anspruch aufs Betreuungsgeld. Dazu Bayerns Regierung: „Das Familiengeld soll auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.“
Das heißt: Familiengeld wird nicht vom Hartz IV abgezogen. Da soll es auch keine Abweichungen von einem zum anderen Bezirksamt geben. Auch der ALG II-Bezieher erhält das zusätzliche Einkommen.
Betreuungsgeld: Konflikt mit dem Bund
Speziell über diese Zahlungen an ALG II-Bezieher herrscht Streit. Es geht um die Anrechnung von bundesweiten Sozialleistungen (ALG II) zu den Landesregelungen in Bayern (Betreuungsgeld/Familiengeld).
Zu dieser Frage ist noch nicht das letzte Wort gesprochen worden. Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) möchte das Familiengeld anrechnen lassen und damit den Hartz 4-Beziehern Geld wegnehmen, das sie zumindest in Bayern zusätzlich erhalten. Betroffen wären nach Angaben des bayerischen Sozialministeriums etwa zehn Prozent aller Bezieher des Familiengeldes (12.000). Die schlechteste Regelung wäre, wenn dieser Personenkreis am Ende das Geld noch zurückzahlen müsste.
In dieser Frage ist das Gesetz kritikwürdig. Denn wenn am Ende ausgerechnet die sozial Schwächsten nicht von der bundesweit praktisch einmaligen Regelung profitieren sollten, läuft etwas schief. Denn nicht nur Topmanager, sondern auch Facharbeiter in den Automobilstandorten verdienen eigentlich genug, um den Nachwuchs aus eigener Tasche zu finanzieren. Wie auch immer, eine endgültige Entscheidung steht hier noch aus.
Regelungen in Sachsen
Das Betreuungsgeld existiert in abgewandelter Form auch in einem anderen Freistaat Deutschlands, nämlich Sachsen. Dort besteht es als Landeserziehungsgeld mit dem erklärten Ziel, die Betreuung in den eigenen vier Wänden zu fördern. Es ist zudem teilweise einkommensabhängig. Ab dem 3. Kind wird aber seit 1. Januar 2015 einkommensunabhängig gezahlt. Die Einkommensgrenzen für Alleinerziehende und Paare liegen bei 14.100 und 17.100 Euro. Wenn das Einkommen höher wird, verringert sich das Landeserziehungsgeld.
Betreuungsgeld als Hemmnis für die Karriere?
Egal ob Bayern oder Sachsen: Kann es sich negativ auf das berufliche Fortkommen auswirken, wenn man sein Kind zuhause erzieht und dafür das Familiengeld verwendet? Wie erwähnt gibt es keinen Zwang zur Heimerziehung. Viele Mütter entscheiden sich aber bewusst dafür, das Kind zuhause zu betreuen. Um dem Kind nahe zu sein und es nicht von fremden Menschen betreuen zu lassen.
Als Folge reduziert sich zwangsläufig die Präsenz im Job. Und wer aufgrund der Kinder eine ganze Zeit überhaupt nicht oder nur in Teilzeit arbeitet, verliert häufig den Anschluss im Berufsleben. Beförderungen werden dann weniger wahrscheinlich und die Karriere stockt häufig. Aus diesem Grund ein paar nützliche Hinweise.
5 Tipps für Mütter, nach der Geburt wieder erfolgreich im Job durchzustarten
- Bereits früh den Arbeitgeber einbinden.
Am besten schon während der Schwangerschaft signalisieren, dass man gerne nach der Babypause wieder einsteigen möchte. Arbeitgeber sind unsicher, ob die Frauen dies wünschen. Das Thema kurz ansprechen hilft beiden Seiten: Mütter können sich dann auf die Geburt vorbereiten, der Arbeitgeber kann besser planen.
- Prioritäten klären.
Die Wichtigkeit von Familie und Beruf für sich persönlich definieren. So kann der Neueinstieg in den Job erfolgreich geplant werden. Also Fragen klären, wie lange die Elternzeit dauern soll und ob zunächst eine Rückkehr in Teilzeit möglich und erwünscht ist.
- Arbeitgeber nicht vergessen.
Dazu gehören auch die Nutzung von Weiterbildungsangeboten oder Online-Kurse. Sich auch anbieten für eine kleine Urlaubsvertretung schon im Laufe der Elternzeit. Arbeitgeber freuen sich, wenn weiter Interesse signalisiert wird. Das Muttersein ist ein völlig neues Gefühl und führt häufig dazu, dass Frauen sich nur noch dieser Aufgabe widmen wollen.
- Ein neuer Job? Auch diesen optimal vorbereiten.
Falls der bisherige Arbeitgeber nicht mehr infrage kommt, sollte auch die Bewerbung für neue Tätigkeiten gut organisiert sein: Also Bewerbungsmappen aktualisieren und sich auf Detail-Fragen des potentiellen Arbeitgebers einlassen. Fragen zur Betreuung des Kindes müssen geklärt sein und auch der Wissensstand im Job muss auf dem neuesten Stand sein.
- Betreuung klären.
Ergänzung zum Punkt 4 und natürlich superwichtig. Wenn es nicht genügend Kitas gibt oder Großeltern für die Betreuung nicht in Frage kommen, hilft auch kein Betreuungsgeld. Also klären, wie es mit Möglichkeiten aussieht, das Kleinkind unterzubringen. Auch wenn mal etwas Außerplanmäßiges geschieht. Arbeitgebern ist dieser Punkt sehr wichtig.
Wer diese Punkte beherzigt, verliert nicht den Anschluss und bleibt ein aktiver und für das Unternehmen wichtiger Mitarbeiter. Gerade wenn man nach der Babypause wieder in eine Vollzeit-Tätigkeit und 40 Stunden oder mehr die Firma unterstützt, hat auch jede frischgebackene Mutter Chancen auf ein berufliches Fortkommen.
Adresse zum Familiengeld
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales ist die offizielle Adresse für alle, die sich genauer über das neue Bayerische Familiengeld informieren möchten.
Zentrum Bayern Familie und Soziales
Hausanschrift
(Hauptsitz)
Kreuz 25, 95445 Bayreuth
(Produktgruppen I, III, IV, V, VI, VII)
Hegelstr. 2, 95447 Bayreuth
Postanschrift
Zentrum Bayern Familie und Soziales
95440 Bayreuth
Tel: +49 931 32090929 (Service-Nummer zu Familiengeld)
Der Informationsbedarf ist hoch und wer detaillierte Auskünfte über das Familiengeld wünscht, ist bei dieser Nummer völlig richtig.
Von Montag bis Donnerstag zwischen 8:00 Uhr und 16:00 Uhr und freitags von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr stehen die Fachleute für Fragen gerne zur Verfügung.
Fax: +49 921 605-3903
Mail: poststelle@zbfs.bayern.de
Video zum Familiengeld
Ministerpräsident Dr. Markus Söder äußert sich in diesem Video zum Bayerischen Familiengeld.
Fazit
Das Familiengeld, wie das Betreuungsgeld offiziell heißt, ist eine in dieser Form einmalige Unterstützung für Eltern in Bayern. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen. Ob die Regelung in dieser Form aufrechterhalten wird, ist nicht sicher. Das ab dem 1. September 2018 eingeführte Gesetz soll nämlich auch Arbeitslosengeld II-Empfängern offen stehen. Ein Konflikt mit dem Bund, der wohl vor Gericht enden wird.
Eine „Herdprämie“, wie Gegner lange gespottet haben, sind diese Zahlungen keinesfalls. Auch wer sein Kind in der Kita unterbringt, profitiert und erhält die gleichen Leistungen wie Mütter oder Väter, welche zuhause erziehen. Das alles gilt unabhängig von Landkreis, Bezirksamt oder Jugendamt. Es ist schlicht und ergreifend ein Gesetz für alle bayerischen Bürger mit Kindern zwischen 13 und 36 Monaten Lebensalter.
Es ist freilich immer ein Kompromiss, Familie und Beruf erfolgreich unter einen Hut zu bringen. Mit dem zusätzlichen Betrag wird es für Normalverdiener sicher einfacher, eine Betreuung zu organisieren und finanzielle Belastungen zu stemmen. Natürlich muss dabei auch das Angebot an Kindertagesstätten stimmen. Sonst bleibt vielen Müttern nichts anderes übrig, als doch zuhause auf das Kind aufzupassen. Dieses Manko kann nur der Gesetzgeber selbst lösen und neue öffentliche Möglichkeiten zur Betreuung anbieten.
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