Wer sich für eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bzw. zur Einzelhandelskauffrau entscheidet, wählt einen abwechslungsreichen Beruf. Flexible Arbeitszeiten und Vielseitigkeit gehören dazu. Doch wie sieht es mit der Ausbildungsvergütung aus?
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Warum ist die Ausbildungsvergütung im Einzelhandel nicht höher?
Die Ausbildungsvergütung ist etwas anderes als das normale Gehalt oder der Lohn, den andere Arbeitnehmer erhalten. Vielmehr ist es eher eine Art Taschengeld, die als Aufwandsentschädigung zu sehen ist. Viele Auszubildende finden es ungerecht, dass sie nur einen kleinen Teil des Einkommens haben, den die anderen Mitarbeiter für dieselbe Stundenzahl im Betrieb erhalten. Allerdings vergisst man dabei schnell, dass ein Azubi natürlich noch keine vollwertige Arbeitskraft ist. In einigen Berufen muss man sogar Geld mitbringen, um eine Ausbildung zu erhalten.
Die Ausbildungsvergütung ist also gar nicht so selbstverständlich, wie man oft annimmt. Immerhin muss der Betrieb den Kaufmann bzw. die Kauffrau anlernen und kann in dieser Zeit nicht erwarten, dass die Arbeitskraft und das Arbeitstempo dem einer voll ausgebildeten Kraft entsprechen. Zudem bindet die Ausbildung natürlich auch die Aufmerksamkeit und Zeit der Ausbilder, die für den Lehrling zuständig sind.
Im dualen Ausbildungssystem kommt die Abwesenheit im Betrieb hinzu, die durch den Berufsschulunterricht entsteht. Je nach Berufsbild kann dieser in zusammenhängenden Blöcken oder an bestimmten Tagen in der Woche stattfinden. All dies beeinflusst die Höhe der Ausbildungsvergütung im Einzelhandel.
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Mindestlohn für Azubis?
Gewerkschaften haben früher wenig Wert auf die Durchsetzung einer höheren Ausbildungsvergütung gelegt, doch gerade im Einzelhandel ist die körperliche Belastung der Auszubildenden häufig schon nach kurzer Zeit mit der Beanspruchung regulärer Arbeitskräfte zu vergleichen. Speziell in einem Bereich, in dem viele Arbeiten mit dem Gehalt von Hilfskräften erledigt werden, setzen einige Unternehmen gerne verstärkt günstige Azubis ein. Das ist solange in Ordnung, wie die Ausbildung nicht darunter leidet und die Inhalte des Lehrberufs vermittelt werden.
Außerdem gefällt es vielen Anwärtern, dass sie bereits „echte“ Aufgaben im Betrieb erledigen dürfen und nicht ewig in der theoretischen Schleife festhängen. Im Einzelhandel kommt es vor, dass die Unternehmen Azubis als billige Arbeitskräfte ansehen und sie mit Aufgaben betreuen, die sie in ihrem Bestreben, eine gute Ausbildung zu erhalten, nicht recht voranbringen. Das ist nicht im Sinne des Erfinders bzw. des Gesetzgebers.
Tatsächlich will die Politik verstärkt darauf achten, dass die Ausbildungsvergütung nicht mehr unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegen darf. Dennoch muss man sich bei einer Ausbildung zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann im Einzelhandel darauf einstellen, dass während der Lehrjahre die Bezahlung eher knapp ausfällt.
Die Höhe der Ausbildungsvergütung ist nicht alles
Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Beruf des Einzelhandelskaufmanns sehr interessant, abwechslungsreich und vielseitig sein kann. Zugegebenermaßen hängt das ein wenig von der Branche und der Art des Unternehmens sowie von den Neigungen und Vorstellungen der Auszubildenden ab. Die Ausbildung in einem kleinen Geschäft auf dem Land ist sicher etwas anderes als bei einer großen Modekette im Einkaufszentrum oder einem der führenden Lebensmitteldiscounter.
Gerade Letztere haben sich in den vergangenen Jahren stark als Träger für eine qualitativ hochwertige Ausbildung hervorgetan. Namen wie Aldi, Lidl, Penny und Netto kennt schließlich jeder und deren Bedarf an Fachkräften ist durchaus hoch.
Besonders angesichts längerer Öffnungszeiten am Abend und am Wochenende ist die Zahl freier Ausbildungsplätze im Einzelhandel höher als im Durchschnitt. Natürlich ist die Ausbildung durch die Vorgaben der IHK standardisiert, man lernt also idealerweise im Tante-Emma-Laden die gleichen wichtigen Dinge wie in einem großen Supermarkt.
Doch technische Neuerungen, moderne Logistik und der Umgang mit einem großen Warensortiment können abweichende Erfahrungen für Auszubildende bedeuten. Auch deswegen kommt der Berufsschule und den Ausbildungsplänen der IHK eine große Bedeutung zu, denn hier werden allen Azubis unabhängig vom Arbeitgeber die gleichen Ausbildungsinhalte vermittelt.
War es vor zwanzig Jahren noch eher unüblich, bei Aldi oder Lidl seine Ausbildung zu machen (ja, man wurde geradezu belächelt), sind deren Ausbildungsprogramme heute häufig vorbildlich. Nicht immer richtet sich die Vergütung bei diesen Unternehmen nach Tarifverträgen, aber gerade das Streben nach hochmodernen und effizienten Einzelhandelsgeschäften machen die Discounter zu einem sehr interessanten Arbeitsplatz im Einzelhandel.
Wie viel gibt es in welchem Lehrjahr?
Wie sieht es nun genau mit der Ausbildungsvergütung im Einzelhandel aus? Je nach Branche und Region kann die Höhe der Ausbildungsvergütung in den Tarifverträgen schwanken. Im Durchschnitt kann ein Einzelhandelskaufmann bzw. eine Einzelhandelskauffrau während der Ausbildung mit diesen Beträgen rechnen (brutto):
- 1. Ausbildungsjahr: 550 bis 730 Euro
- 2. Ausbildungsjahr: 590 bis 820 Euro
- 3. Ausbildungsjahr: 710 bis 950 Euro
Es gibt auch Betriebe, in denen wesentlich mehr gezahlt wird. Die Ausbildungsvergütung von Unternehmen wie ALDI oder Lidl übersteigt schon im ersten Lehrjahr nicht selten die Höhe von 950 Euro, im zweiten 1050 und im dritten Lehrjahr 1200 Euro (alles Bruttobeträge). Hinzu kommen Vergünstigungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die ebenfalls nicht selbstverständlich sind. Allerdings muss man natürlich bei einer höheren Vergütung bereits höhere Abgaben und Steuern inkauf nehmen.
Die großen Unterschiede liegen in den diversen Tarifverträgen begründet sowie in der Tatsache, dass viele der großen Discounter sich ihren Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern gerne selbst heranziehen möchten. Je nach Bundesland und Region kann sich die tatsächliche Ausbildungsvergütung von diesen Durchschnittswerten also durchaus unterscheiden.
Nach fünf Jahren Filialleiter? Das geht!
Die Weiterbildung ist außerdem ein Faktor, den angehende Kaufleute im Einzelhandel nicht vernachlässigen sollten. Früher verbrachte man sein Arbeitsleben in der Regel nur in einem Betrieb und die Aufstiegsmöglichkeiten blieben im Einzelhandel überschaubar. Doch gerade bei den großen Unternehmen ist die großzügige Ausbildungsvergütung nur ein Baustein, der Anreize für motivierte Mitarbeiter setzen soll.
Sofern die persönliche Eignung vorliegt, unterstützen einige der großen Einzelhandelsunternehmen ihre Auszubildenden mit besonderen Förderprogrammen für Nachwuchsführungskräfte. Prinzipiell kann man in einem Laden wie ALDI oder Penny innerhalb weniger Jahre vom Azubi zum Filialleiter oder Handelsfachwirt aufsteigen – da es immer wieder neue Märkte gibt, ist der Bedarf entsprechend groß. Allerdings ist das kein Selbstläufer, denn natürlich müssen die Leistungen stimmen, um in ein solches Programm zu kommen. Schließlich hat auch ein angehender Handelsfachwirt viel zu lernen.
Wenn die Ausbildungsvergütung nicht ausreicht
Die Bezüge im Einzelhandel ist in den Ballungsräumen und größeren Städten in der Regel ausreichend. Problematisch wird es auf dem Land, wenn der Auszubildende für seinen Traumberuf Kaufmann bzw. Kauffrau im Einzelhandel lange Wegstrecken bewältigen muss. Speziell Auszubildende unter 18 haben natürlich noch kein Auto und selbst nach Erreichen der Volljährigkeit hapert es oft am Geld für Führerschein und Auto. Sind dann noch die Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr schlecht, kann es mit dem Geld schon mal knapp werden.
Ein Umzug in die Nähe des Ausbildungsplatzes ist für viele eine Alternative, die jedoch wiederum mit hohen Kosten verbunden ist. Um trotz geringer Vergütung insbesondere im ersten Lehrjahr den Einzelhandel attraktiv zu halten, gibt es auf Ebene der Bundesländer manchmal Förderprogramme für Auszubildende, die ähnlich dem BaföG für Studierende in diesen Situationen helfen können. Sogar firmeneigene Förderprogramme gibt es bisweilen, für die aber nicht jeder Bewerber infrage kommt.
Fazit
Obwohl die großen Discounter für die Kunden billig sind, zahlen sie Lehrlingen im Einzelhandel oft am meisten. Dafür erwarten die Betriebe aber auch eine hohe Belastbarkeit, Flexibilität bei den Arbeitszeiten und ein gutes Leistungsvermögen. Für viele Anwärter im Einzelhandel sind die Supermärkte tatsächlich ein idealer Einstieg in den Beruf.
In kleineren Unternehmen wird häufig sehr viel weniger gezahlt. Dafür bieten sie nicht selten die interessanteren Branchen und Tätigkeiten, die beim Discounter-Einzelhandel in der Regel standardisiert sind. Was jedoch nicht bedeuten muss, dass Ausbildungsplätze dort zwangsläufig langweilig oder eintönig sind.
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