Die heutigen Arbeitgeber sind verunsichert: Lieber auf klare Hierarchien setzen und ein strenges Regiment führen oder den Kumpelkurs fahren? Personalführung will gelernt sein und braucht die folgenden Eigenschaften.
Keine strengen Chefs gefragt: Arbeitgeber brauchen neue Eigenschaften
Früher war die Sache klar und auch heute noch weiß fast jeder von einem Chef zu berichten, der sich durch seine Tyrannei die Herrschaft im Unternehmen gesichert hatte. Arbeitgeber sind vor allem durch Strenge aufgefallen, haben Befehle erteilt und auf deren Ausführung gewartet. Erkenntnisse mit anderen teilen? Bloß nicht, das könnte die Autorität untergraben!
Inzwischen hat sich hier viel geändert und manche Arbeitgeber besitzen heute gar keine Führungsqualitäten mehr. Einsehen würden sie das natürlich nicht und sehen sich als perfekter Chef, der eher auf Freundschaft als auf Hierarchien setzt. Doch auch dieser Trend ist nicht ganz unkritisch zu betrachten, denn am besten wäre wie immer ein Mittelweg.
Die folgende Liste stellt Eigenschaften eines guten Chefs dar, der damit zwar kein perfekter Arbeitgeber sein mag, doch in Sachen Personalführung und Mitarbeitermotivation nahe dran ist:
1. Do: Teamfähigkeit
Für einen guten Arbeitgeber steht das Team immer im Vordergrund. Er weiß, was gut ist und wohin die Richtung gehen muss, doch er erweist sich als Teamplayer, der seine Mitarbeiter als Gründe für den Erfolg schätzt. Transparente Wege der Kommunikation, klare Verteilung sämtlicher Aufgaben sowie die Abgrenzung einzelner Verantwortungsbereiche sind wichtige Punkte, die dabei zu berücksichtigen sind.
2. Do: Rahmenbedingungen
Arbeitgeber sollten Vorbilder sein, zumindest innerhalb des eigenen Teams. Es geht hier um Vertrauen und Offenheit, um Ehrlichkeit und Transparenz, denn nur damit kann die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens gefördert werden. Vertrauen die Mitarbeiter ihrem Chef, werden sie ihm auch ein konkretes Feedback geben und dabei vor allem ehrlich sein. Interne Prozesse und Abläufe können somit immer wieder kritisch hinterfragt und optimiert werden.
Außerdem sollten die Mitarbeiter in Entscheidungen einbezogen werden. Sie werden „inhouse“ getroffen, was bedeutet, dass das ganze Team daran beteiligt ist. Sicherlich lassen sich im Unternehmensalltag nicht zu allen wichtigen Fragen demokratische Umfragen starten, doch im Rahmen einer morgendlichen Teambesprechung können wichtige Entscheidungen zur Debatte stehen. Abzugrenzen sind hiervon natürlich Finanz- und Investitionsfragen sowie Themen, deren Umfang das Team nicht überblicken kann.
3. Do: Vertrauen
Arbeitgeber sollten ihren Mitarbeitern vertrauen, dieses Vertrauen wird schon bald auf Gegenseitigkeit beruhen. Das wiederum sorgt für eine angenehme Atmosphäre im Team. Mitarbeiter brauchen für die eigene Entwicklung Freiräume und kein Mikromanagement! Wer den anderen ständig hineinredet und doch wieder selbst Entscheidungen trifft, die eigentlich ein Teammitglied hätte treffen sollen, macht sich unbeliebt und bekommt kein Vertrauen mehr entgegengebracht.
4. Do: Fairness
Zur Personalführung gehört immer und in jedem Fall Fairness. Arbeitgeber sollten fair bleiben und ihre Angestellten mit Respekt behandeln. Außerdem muss das eigene Verhalten konsistent sein. Treten Fehler auf, werden diese nicht vor versammelter Mannschaft angesprochen, sondern unter vier Augen. Feedback wird regelmäßig gegeben, auch das wieder im Einzelgespräch. Erfolge werden zusammen gefeiert, mit Lob wird nicht gespart.
5. Do: Inspiration
Gute Chefs sollten immer den Überblick behalten und die Impulse aus der Umwelt auch mal ausblenden können. Sie teilen Visionen mit den Mitarbeitern und sprechen darüber. Der Grund: Die Mitarbeiter sollen verstehen, warum welche Entscheidung getroffen werden muss und wo die Reise des Unternehmens hingehen soll. Prioritäten werden erkennbar und die Mitarbeitermotivation stetig gefördert.
6. Do: Empathie
Ein Arbeitgeber muss sich in die Mitarbeiter einfühlen können. Der Chef muss bei Problemen ansprechbar sein und soll immer ein offenes Ohr für die Angestellten haben. Präsenz und Dialogbereitschaft, das sind zwei der wichtigsten Eigenschaften eines Chefs. In Gesprächen wird zugehört, wobei die Grenzen der Zusammenarbeit ganz klar auf den Beruf gelegt werden. Auch wenn es durchaus sein kann, dass sich ein Chef auch die privaten Probleme seiner Angestellten anhören kann, müssen doch irgendwo Grenzen liegen.
Auch wenn es den Anschein hat: Eine wahre Freundschaft mit allen Facetten sollte nicht entstehen! Persönliche und berufliche Ebenen miteinander zu vermischen, kann auch schnell zum Problem werden und der Chef wird nicht mehr ernst genommen. Nähe und Distanz müssen in einem ausgewogenen Verhältnis bleiben!
7. Do: Echtes Interesse
Arbeitgeber sollten sich immer offen gegenüber neuen Ideen zeigen. Diese werden besprochen und je nach Wertigkeit priorisiert. Im strategischen Kontext kann sich zeigen, dass die neuen Ideen nicht anwendbar sind. Ebenso ist möglich, dass ein Mitarbeiter eine zündende Idee hat, mit der sich der Arbeitsalltag erleichtern lässt, mit der ein Projekt besser zu bearbeiten ist. Warum darauf verzichten? Chefs sollten für neue Perspektiven dankbar sein und gute Ideen fördern, ohne sich selbst in ihrer Position bedroht zu fühlen.
8. Do: Förderung
Ein Arbeitgeber sollte ein großes Interesse an der Weiterentwicklung seiner Mitarbeiter haben. Ein Angestellter zeigt sich in einem Bereich als besonders geschickt? Eine Weiterbildung in diesem Bereich kann helfen, die Fähigkeiten auszubauen und auf eine fachlich fundierte Basis zu stellen. Maßgabe sollte sein, die Leistungspotenziale der Mitarbeiter nicht nur zu erkennen, sondern auch angemessen zu fördern. Das geht nur mit viel Vertrauen und der Möglichkeit, dem Team eigene Aufgaben zu stellen.
Chefs sollen persönliche Stärken im Team erkennen und jedes einzelne Teammitglied im Auge behalten. Durch eine Weiterbildung (auch inhouse möglich) kann der Betreffende auf eine neue Position vorbereitet und enger an das Unternehmen gebunden werden. Allerdings sollte ein Chef auch die Grenzen eines Mitarbeiters sehen, denn nicht jeder bringt das gleiche Potenzial mit.
9. Do: Authentizität
Wichtig ist auch, sich selbst treu zu bleiben: Kein Arbeitgeber muss sich verbiegen. Auch er darf zeigen, dass er manche Dinge weniger gut im Griff hat oder dass er manchmal einen Fehler macht. Ein Chef soll immer auch Mensch bleiben und darf zu seinen Fehlern stehen. Es kratzt nicht an der Autorität, wenn der Chef zugibt, dass er die Besprechung verschwitzt hat oder wenn er einen Fehler gemacht hat.
Viel schlimmer ist es, sich selbst als unfehlbar zu präsentieren und nicht zugeben zu können, dass nicht immer alles nach Plan verläuft. Mitarbeiter verzeihen Fehler und arbeiten lieber mit aufrichtigen und ehrlichen Chefs zusammen.
Die Dont’s: Arbeitgeber und ihre Fehler
Nicht alle Arbeitgeber bringen sämtliche Führungsqualitäten von Hause aus mit, viele müssen sich erst in ihre Position einarbeiten. Andere wollen zwanghaft ein perfekter Chef sein und erreichen dabei nur, dass sie unglaubwürdig wirken. Allerdings sind die Anforderungen an neue Arbeitgeber auch so hoch, dass es ein Ding der Unmöglichkeit scheint, es allen recht machen zu können. Vielfach wird heute von Motivatoren gesprochen und nicht mehr von Vorgesetzten.
Ein demokratischer Motivator, der eher auf Kuschelkurs geht? Auch das ist keine Alternative, denn solche Vorgesetzten werden in der Regel nicht ernst genommen, ihre Entscheidungen innerhalb des Unternehmens nicht getragen. Es mag zwar das Ziel sein, dass Manager und Mitarbeiter auf Augenhöhe agieren, doch im normalen Unternehmensalltag lässt sich das noch längst nicht überall anwenden.
Vor allem ältere Mitarbeiter wollen häufig keine eigenen Entscheidungen treffen und sind mit vielen Fragestellungen schlicht überfordert. Sie wollen nicht am Ende für einen Fehler geradestehen müssen. Mitsprache ist okay, Mitentscheidung nicht! Hier muss ein Arbeitgeber die Lage sondieren und herausfinden, was seinem Team guttut und womit es glücklich ist.
Eigenverantwortung der Mitarbeiter darf nicht damit verwechselt werden, dass die Angestellten tun und lassen können, was sie wollen. Sie überblicken das große Ganze nicht, können viele Dinge aufgrund der Komplexität nicht abschätzen. Ihre Entscheidungen sind teilweise Mikroentscheidungen, die sich auf ein ganzes Projekt auswirken können. Entscheidungen ja, doch diese sollen auch besprochen werden. Eigenverantwortung für die Mitarbeiter heißt nicht, die Führung gänzlich abzugeben!
Führungskräfte werden immer noch gefordert, sie sollen nur Verantwortungen übertragen können. Außerdem ist hier die gerade Linie gefragt: Wer nur dann hart durchgreift, wenn Ärger droht und ansonsten eher nach dem Laissez-faire-Grundsatz agiert, macht sich unglaubwürdig und unberechenbar. Eine gewisse Linie sollte im gesamten Führungsstil vorhanden sein! Hier zeigt sich wieder der oben genannte Grundsatz, dass ein Arbeitgeber transparent bleiben sollte.
Er soll anleiten und zur Eigeninitiative anregen, soll aber am Ende die Fäden in der Hand behalten. Menschen wollen geführt werden und Mitarbeiter können keine Entscheidungen treffen, deren Tragweite Auswirkungen auf das ganze Unternehmen haben könnte. Sie wollen aber auch einen Vorgesetzten, der sie fair behandelt, der eigene Meinungen und Ideen zulässt und dessen Entscheidungen nachvollziehbar sind.
Der nach einer Entscheidung auch zugeben kann, dass dieser Weg falsch war und offen für neue Vorschläge ist. Der sich ständig reflektiert und sein Verhalten ebenso kritisch hinterfragt wie das der Mitarbeiter. In der Gesamtheit ergibt sich dann eine neue Qualität der Führung im Unternehmen, die von Empathie, teils freundschaftlichen Zügen und dem Vertrauen in die Fähigkeiten aller geprägt ist.
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