Die IT-Branche gilt auch in problematischen Zeiten als sicherer Arbeitgeber. Zudem sorgt der Megatrend zur Industrie 4.0 dafür, dass gerade die IT-Experten auch in Bereichen gesucht, die bisher nicht so stark IT-getrieben waren. So sind die Jobaussichten also weiterhin gut. Laut dem aktuellen Arbeitsmarkt-Report der Dekra Akademie entfällt in diesem Jahr das zweithöchste Stellenangebot auf IT-Berufe.
Etwa 30 Prozent aller Jobangebote richteten sich an Software-Entwickler; auch die Nachfrage nach Wirtschaftsinformatikern hat angezogen – für jede zehnte Stelle brauchen Bewerber gleichermaßen IT- wie Wirtschaftskompetenzen.
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Die Digitalisierung erfordert neue Kompetenzen
Auch die Digitalisierung, die die Prozesse in Unternehmen immer mehr prägt, treibt den Bedarf an Experten für die IT-Welt nach oben. Allerdings wird sich nicht nur das technische Umfeld ändern. „Entwicklungen wie Industrie 4.0 werden die Arbeitswelt in einem Maße und einer Geschwindigkeit stärker verändern, als es sich viele heute vorstellen können“, sagte Jörg Mannsperger, Mitglied des Vorstands der DEKRA SE und Geschäftsführer der DEKRA Akademie, anlässlich der Vorstellung des Reports vor Parlamentariern in Berlin.
„Dennoch konzentrieren sich viele Unternehmen nur auf die technischen Aspekte der Digitalisierung. Dabei ist eines sicher: Der Wandel wird Fachkräfte quer durch alle Hierarchie- und Qualifikationsebenen treffen.“
Wer also den Einstieg geschafft hat und schon ein paar Sprossen auf der Karriereleiter erklommen hat, arbeitet also in einer Branche, in der die Aussichten weiterhin gut sind. Trotzdem tut gut daran, weiter am Ball zu bleiben. Auch in der IT-Branche wirken dieselben Mechanismen wie in anderen Bereichen der Wirtschaft.
Wer in der Karrieremitte höher hinaus will, stellt nicht selten fest, dass Jobs in den höheren Ebenen rar und begehrt sind. Vorgesetzte wechseln häufiger als früher, weil auch im höheren Management immer mehr Zeitverträge abgeschlossen werden. Unternehmen werden verkauft, umstrukturiert, ganze Abteilungen plötzlich abgewickelt. Und wer zwischen vierzig und fünfzig seinen Job verliert, muss damit rechnen, dass sein Know-how außerhalb der früheren Firma nicht mehr gefragt ist.
Manche Unternehmen sieben aus, andere bilden auch die Generation 50plus fort
Hier gilt es, vorzubeugen. Denn nicht alle Unternehmen, wie etwa der Elektronikriese Philips, bieten ihren langjährigen Mitarbeitern zwischen Mitte 30 und Ende 50 die Möglichkeit, sich weiter zu qualifizieren. Bei Philips ergänzt das Development Center die klassische High-Potential-Ausbildung des Unternehmens. An diesem Programm nehmen pro Jahr rund 50 Mitarbeiter teil. Philips sieht auch in dieser Altersgruppe genügend Potential für neue Aufgaben, ist mit dieser Auffassung aber eher die Ausnahme.
Obwohl es in vielen Unternehmen Mentorenprogramme gibt, tun sich die meisten Firmen im hektischen Alltagsgeschäft und bei notorisch unruhiger Wirtschaftslage mit diesen Maßnahmen eher schwer. Am anderen Ende des Spektrums stehen dann Unternehmen wie Amazon, die nach der Devise „Aufsteigen oder Ausscheiden“ vorgehen und jedes Jahr aussieben.
Netzwerke und die eigenen Kompetenzen pflegen
Seine Netzwerke und seine Fähigkeiten zu pflegen, in seinem Fachgebiet auf dem Laufenden zu bleiben – das ist auch in der IT-Welt, die sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder komplett neu erfunden hat, unverzichtbar. Für die Industrie 4.0.-Welt sind Kenntnisse im Ingenieurswesen und in der Produktionstechnik von Vorteil, denn hier müssen oft ganze Produktionsketten digital abgebildet werden. IT-Sicherheit ist ebenfalls wichtig, weil Unternehmensprozesse in die Cloud verlagert werden. Und wer sich in der SAP-Welt gut auskennt, hat weiter gute Karten.
Wenn sich das Unternehmen, in dem man arbeitet, für die Fortbildung engagiert, sogar Mentorenprogramme anbietet, sollte man hier seine Fühler ausstrecken. Wichtig ist auch, den Arbeitsmarkt und seine Anforderungen im Auge zu behalten. „Man sollte sich auch im Laufe einer Anstellung am Markt orientieren, sich die Frage stellen: Was wären meine Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt wert“, sagte der Karriereberater und Buchautor Christoph Burger („Karriere ohne Schleimspur“) der österreichischen Zeitung „Die Presse“.
Speziell Fremdsprachenkenntnisse können zum Stolperstein werden. Burger stellt häufig ausgerechnet Schulungsbedarf im Englischen bei seinen Klienten fest. Obwohl verhandlungssicheres Englisch eigentlich unverzichtbar ist, lassen es viele verkümmern, wenn sie diese Kenntnisse nicht ständig brauchen oder die Sprache nur im Rahmen ihres Fachgebietes brauchen.
Sprachen zu lernen oder aufzufrischen, fällt leider vielen Menschen in mittleren Jahren schwerer als das Lernen einer neuen Software. Burger nennt auch die körperliche Fitness als wichtigen Punkt: „Das Thema wird oft nicht angesprochen, aber es ist natürlich Realität – wie jemand im Bewerbungsgespräch auftritt, körperliche Dynamik.“
Auch Neuorientierung ist möglich
Ist aber der Job nun doch weg, der Auflösungsvertrag unterschrieben, dann hilft nur eine nüchterne Standortbestimmung. Selbst für außerordentlich erfolgreiche Menschen kann es nun schwierig werden. Es ist nämlich nicht gesagt, dass man kurzfristig einen vergleichbaren Job bekommt oder sogar weiter aufsteigen kann. Eine längere Stellensuche kann nötig werden.
Eine Alternative bietet die Selbständigkeit. Gerade viele Entwickler lassen sich als Freiberufler nieder, weil sie die Vielfalt und Ungebundenheit der Selbstständigkeit schätzen. In Deutschland gibt es rund 80 000 Freelancer. Viele haben gut zu tun: Das Vermittler-Portal für IT- und Engineering-Freiberufler Gulp verzeichnete für das erste Halbjahr 2015 93 490 Projektanfragen – das beste Ergebnis seit 1996, trotz der derzeitigen saisonalen Flaute. Auch die Stundensätze steigen leicht – von sieben auf 79 Euro, wobei Freelancer mit SAP-Kenntnissen bei etwa 90 Euro liegen.
Fazit
Der schnelle Wandel in der Branche bietet Chancen, aber auch Risiken. Wer sich überlegt weiter bildet und auch für neue Beschäftigungsformen offen ist, für den bietet auch die Karrieremitte gute Perspektiven.
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