Als Bewerber kommt man in der heutigen Berufswelt an einem Assessment Center kaum vorbei. Immer mehr Unternehmen setzten es sein, um zwischen unzähligen Bewerbern die herauszufiltern, die am besten auf die zu besetzende Stelle passen. Viele Bewerber haben Angst vor dem Assessment Center. Dabei kann man sich auch darauf gut vorbereiten.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Was ist ein Assessment Center eigentlich und warum geht es dabei?
Das Assessment Center (aus dem Englischen „to assess“ = einschätzen oder beurteilen) ist ein testgesteuertes Personalauswahlverfahren, bei dem die Bewerber teilweise unter schwierigen Bedingungen wie etwa extremem Zeitdruck Aufgaben bewältigen müssen. Entweder sind sie dabei auf sich alleine gestellt oder aber Mitglied einer zufällig zusammengestellten Gruppe.
Die Aufgaben in einem Assessment-Center variieren von Unternehmen zu Unternehmen. Generell basieren sie aber immer auf den spezifischen Anforderungen und Kriterien der zu besetzenden Position. Getestet werden also die Verhaltens- und Arbeitsweisen der Bewerber.
Nicht nur neue Bewerber werden mit diesem Verfahren getestet: Ursprünglich wurde das Assessment Center dazu entwickelt und verwendet, um gehobene Positionen im Wirtschaftsbereich zu besetzten. Mittlerweile wird es allerdings auf allen Ebenen eines Unternehmens eingesetzt – vom Manager bis zum normalen Mitarbeiter.
Das Assessment Center ist nicht nur wegen den anspruchsvollen Aufgaben für die Teilnehmer meist sehr anstrengend und herausfordernd, oft zieht es sich auch über einen längeren Zeitraum. Ein halber oder ein ganzer Tag sind die Regel, es gibt aber auch Unternehmen, bei denen sich das Assessment Center über mehrere Tage hinweg erstrecken. In diesem Zeitraum werden alle Bewerber auf systematische Weise von einem Team von Beobachtern bewertet, die dann die Bewerber auswählen, die für die zu besetzende Stelle am besten geeignet sind.
Was wird im Assessment Center geprüft?
Es gibt unzählige verschiedene Formen des Assessment Centers, im Fokus steht aber immer die Persönlichkeit des Bewerbers. Der Bewerber, der auch in Stresssituationen und trotz Komplikationen Kompetenz und Sachverstand zeigt, schneidet also gut ab. Souveränes Auftreten kann durch gute Vorbereitung und Übung erlernt werden.
Im Verbindung mit dem Assessment Center fällt oft auch der Begriff „soft skills“. Diese soft skills (eng. „weiche Eigenschaften“) sind absolut ausschlaggebend für den Erfolg im Assessment Center. Der Begriff fasst alle individuellen Eigenschaften und Einstellung einer Person zusammen. Dazu gehören neben den sozialen Kompetenzen auch Neigungen, Interessen oder persönliche Eigenschaften wie Belastbarkeit und Frustrationstoleranz.
Das Assessment Center erlaubt den Beobachtern durch seine Komplexität an Aufgaben einen tiefen Einblick in Bezug auf folgende Aspekte der Persönlichkeit des Bewerbers:
- Soziales Verhalten
- Fach- und Allgemeinwissen
- Problemlösungskompetenz
- Konzentrationsfähigkeit
Dazu werden im Assessment Center spezielle Aufgaben gestellt, die verschiedenste Fähigkeiten der Bewerber testen wie zum Beispiel:
- Kreativität
- Planung
- Spontanität
- Flexibilität
- Kommunikationsfähigkeit
- Stressresistenz
- Initiative
- Führungskompetenz
- Entscheidungsfähigkeit
Die vier Phasen des Assessment Centers
In der Regel lässt sich jedes Assessment Center in vier verschiedene Phasen unterteilen:
1. Die Selbstpräsentation
Die erste Phase ist fast immer die der Selbstpräsentation. Diese Phase sollte der Bewerber dazu nutzen, sich selbst kurz und prägnant vorzustellen.
Achtung: Wenn man sich auf einen konkreten Job bewirbt, sollte man sich beim Vorstellen explizit auf die ausgeschriebene Stelle beziehen!
Stärken und persönliche Erfolge sollte man entweder am Anfang oder am Ende platzieren. So ist garantiert, dass sich die Tester und Beobachter an diesen Teil der Selbstpräsentation am besten erinnert.
Wichtig ist zudem, dass der Bewerber auch Fragen zu seinen Schwächen und Misserfolgen souverän und ehrlich beantworten kann, denn Rückfragen zu diesen Punkten sind Usus. Man sollte sich zudem auch bewusst sein, welche Aufgaben einem schwer fallen und wo man selbst Potenzial für Verbesserung sieht, da auch solche Fragen gerne gestellt werden.
Als Bewerber sollte man gerade in dieser Phase auch auf seine Körpersprache achten, da diese ebenfalls von den Beobachtern bewertet wird. Steht oder sitzt der Bewerber selbstbewusst oder wirkt er eher angespannt? Sucht er den Blickkontakt oder weicht er den Blicken seines Gegenübers eher aus? Für eine selbstbewusste und entspannte Körpersprache hilft es ebenfalls, die Situation in einem Assessment Center nachzustellen und zu trainieren.
Auch Umgangsformen werden in dieser Phase bewertet. Bei einem Assessment Center für Führungspositionen sieht das etwas anders aus. Da die infrage kommenden Kandidaten bereits Fachkräfte des betreffenden Unternehmens sind, sollte man in einem solchen Fall in dieser Phase eher mit Fragen über bisherige Projekte, eventuelle Probleme oder Erfolgen rechnen.
Wichtig: Abstrakte Ausführungen und altbackenen Weisheiten sollten vermieden werden. Lügen ist selbstverständlich ein absolutes Tabu, denn Blender werden durch geschickte Fangfragen schnell entlarvt.
Gut vorbereitet ist man, wenn man auch die folgenden Fragen eine Antwort hat:
- Was machen Sie den ganzen Tag?
- Wie machen Sie das, und warum machen Sie das so?
- Wo hatten Sie Erfolg?
- Wo sind Sie gescheitert?
Am besten ist es, auf diese Fragen mit konkreten Szenarien und Anekdoten zu antworten und abstrakte, ausweichende Erklärungen zu vermeiden. Die Faustregel lautet: Je mehr äußere Umstände beschrieben werden, desto glaubhafter ist die Entscheidung.
Bei einem Assessment Center werden in der Regel offene Fragen gestellt, da man so gut die Dialogfähigkeit, die Initiative und auch die Umgangsformen der Bewerber testen kann. Kandidaten sollten sich also auf diesen Typ Frage vorbereiten.
2. Verschiedene Übungen
Nach der Phase der Selbstvorstellung, die in der Regel die Dauer von 15 Minuten nicht überschreitet, folgen normalerweise ein paar Übungen. Manche Unternehmen setzten in dieser Phase auf Intelligenz- oder Konzentrationstests. Auch auf diese Tests kann man sich hervorragend vorbereiten. Zu wissen, was einen selbst erwartet, kann dabei helfen, extreme Nervosität zu überwinden. Neben Intelligenztests gibt es auch klassische Übungen wie die Postkorbübung:
Die Postkorbübung wurde für das Assessment Center entwickelt und soll es den Beobachtern ermöglichen, die Organisations- und Entscheidungsfähigkeit der Bewerber einzuschätzen. Für die Übung wird eine Arbeitssituation geschaffen. Der Bewerber hat eine halbe Stunde Zeit, verschiedenste Nachrichten und Anliegen zu bearbeiten und zu entscheiden, was mit ihnen passiert.
Dabei kann es sich um private und berufliche Notwendigkeiten handeln. In der Regel wird der Bewerber mit so vielen Nachrichten und Aufgaben konfrontiert, sodass es unmöglich ist, sie in der vorgegebenen Zeit alle zu bewältigen. Das ist aber keinerlei Grund zur Panik, sondern genau so gewollt.
Mit diesen einfachen Faustregeln besteht man auch diesen Test:
- Überblick verschaffen
- Aufgaben in Gruppen einteilen (wie zum Beispiel „dringend“ oder “mit Deadline“)
- Eventuell Aufgaben delegieren
Achtung: Die Prüfer und Beobachter werden die Entscheidungen, die während einer Übung getroffen wurden, hinterfragen, um eine Stresssituation herbeizuführen. Man sollte also in der Lage sein, die eigenen Entscheidungen zu erklären und begründen.
Geht es um die Besetzung einer Führungsposition, gibt es normalerweise keine Übungen. Stattdessen sollte man sich als Bewerber auf detaillierte Einzelinterviews einstellen. So können sich die Unternehmen ein gutes Bild von den Führungskompetenzen und dem Sozialverhalten machen.
3. Das Rollenspiel
Nach den Übungen oder Einzelinterviews folgt häufig eine Phase mit Rollenspielen, Gruppendiskussionen oder Fallstudien. An dieser Stelle geht es um häufig um aktuelle Ereignisse. Fachwissen wird hier nicht erwartet, stattdessen geht es darum, Teamgeist und Lösungskompetenz zu demonstrieren. Um hier zu punkten, sollte man also keinesfalls mit aller Gewalt seinen eigenen Standpunkt durchsetzen, sondern dafür sorgen, dass sich eine Diskussion entwickelt, an der alle Bewerber gleichberechtigt teilnehmen können. Negativ fällt man dann auf, wenn man andere unterbricht, attackiert, sich in den Vordergrund drängt oder gar nicht am Gespräch teilnimmt.
Tipp: Pluspunkte sammeln Bewerber, wenn sie sich den Namen ihrer Gesprächspartner merken und sie damit ansprechen. Unter den Mitbewerbern fördert ein solches Verhalten zudem ein Gefühl der Verbundenheit.
4. Die Feedback-Phase
Das Feedback steht am Ende jedes Assessment Centers. In einem ausführlichen Gespräch mit den Beobachtern und Prüfern muss sich der Bewerber zunächst meist selbst einschätzen. Hier kann man zum Beispiel die eigenen Erfolge in den Übungen noch einmal hervorheben. Ein klares Understatement ist aber Trumpf. Zu viel Eigenlob sollte man vermeiden, genauso wie übermäßige Selbstkritik.
Wichtig: Kritische Bemerkungen und Ratschläge der Beobachter sollten, wenn möglich, schon während des Assessment Centers beherzigt werden. So beweist man Lern-und Kritikfähigkeit. Wenn man als Bewerber stark kritisiert wird, sollte man auf keinen Fall beleidigt reagieren, sondern die Kritik annehmen, denn sie kann dabei helfen, sich weiterzuentwickeln. Beherzigt man sie und arbeitet an sich, ist man im nächsten Assessment Center eventuell erfolgreicher.
Das Assessment Center: Die häufigsten Fehler
Im Rahmen eines Assessment Centers muss man als Bewerber viel beachten. Dazu gehört auch, dass man unzählige Fehler kennen und vermeiden muss. Neben ganz offensichtlichen, groben Fehlern wie zum Beispiel Unhöflichkeit geht es auch um die ganz subtilen, kleinen Fehler, die einem schneller unterlaufen als man zunächst denkt.
Natürlich hat man als Bewerber bestimmte Erwartungen an ein Assessment Center. Man bereitet sich vor, hat eventuell ein präzises Bild im Kopf. Genau das kann gefährlich werden. Entsprechen diese Erwartungen nicht der Realität, können sich schnell Irritation und Ernüchterung breitmachen. Die Folge: Man gerät im schlimmsten Fall völlig aus dem Konzept, was natürlich den Beobachtern und Prüfern auffällt.
Eng verknüpft mit falschen Erwartungen ist der Mangel an Spontanität. Als Bewerber hat man bestimmte Erwartungen an die Prüfsituation. Hält man zu sehr an ihnen fest, fällt es schwer, sich auf neue Gegebenheiten und Umstände einzustellen. Man sollte also keinesfalls krampfhaft an einer Strategie festhalten und sich auf veränderte Bedingungen einlassen.
Zu diesem Verhalten neigen vor allem unerfahrene, junge Bewerber. Wenn sie nach ihren Schwächen gefragt werden, werden sie meist unsicher oder sagen sie von sich selbst, keine Schwächen zu haben. Das ist zum einen unrealistisch und zeigt zum anderen, dass man sich eventuell nicht genug mit seinen eigenen Stärken und Schwächen auseinandergesetzt hat.
Tatsächlich ist das aber enorm wichtig. Natürlich sollte man seine Stärken besonders hervorheben und präsentieren. Aber seine Schwächen zu verneinen und krampfhaft zu unterdrücken, ist der falsche Weg.
Ja, die anderen Bewerber im Assessment Center sind eine Konkurrenz. Immerhin bewerben sie sich auf die gleiche Stelle. Wenn man sich jedoch ständig mit den Mitbewerbern vergleicht, schadet man sich dadurch enorm. Wenn man es nötig hat, die Mitbewerber anzugreifen oder sogar über sie zu lästern, deutet das auf eine tiefsitzende Unsicherheit hin. Ein solches Verhalten reduziert die Chancen auf Erfolg extrem und fällt immer negativ auf.
Die Bewältigung der einzelnen Aufgaben ist wichtig. Konzentrieret man sich aber zu sehr auf die Lösung dieser Aufgaben, kann es passieren, dass man den Blick für das wesentlich verliert – die Auswahl eines für den Job geeigneten Kandidaten. Im schlimmsten Fall brilliert man zwar bei den Aufgaben, verpasst aber die Chance auf den Job, weil man vergisst, worum es eigentlich geht.
Während des Assessment Centers werden die Bewerber sowohl zu Einzelgesprächen mit den Beobachtern als auch zu Gruppendiskussionen gebeten. Unterscheiden sich die Aussagen zwischen Vier-Augen-Gespräch und Gruppengespräch deutlich, wirft das ein schlechtes Licht auf den Bewerber.
Die Grundlage für den Erfolg: Die richtige Vorbereitung
Vor einem Termin für ein Assessment Center ist man meist recht aufgeregt. Die Gefahr, dann etwas Wichtiges zu vergessen, ist groß. Die richtige Vorbereitung ist also wichtig:
1. Den Ablauf einprägen
2. Die Anreise planen
Im einfachsten Fall findet das Assessment Center in Nähe oder zumindest in der gleichen Stadt statt. In einem solchen Fall stellt die Anreise kein großes Problem dar. Bei einem mehrtägigen Assessment Center in einer fremden Stadt sieht das schon anders aus: Man muss sich überlegen, wie man anreist und dafür sorgen, dass man rechtzeitig vor Ort ist. In einer fremden Stadt sollte man einkalkulieren, dass man eventuell nach dem genauen Veranstaltungsort suchen muss. Es ist also wichtig, genug Pufferzeit einzuplanen.
3. Informationen über das Unternehmen und die ausgeschriebene Stelle sammeln
4. Up to date bleiben
Bildnachweis:© Fotolia-Titelbild:blueringmedia-#01: FM2-#02:Chepko Danil-#03:Marco2811-#04: MK-Photo-#05: Rawpixel.com