Bekommt ein Bundestagsabgeordneter ein angemessenes Gehalt? Oder sind die Diäten wirklich so überdimensioniert, wie die meisten Deutschen vermuten? Hier hilft nur, genauer hinzusehen.
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Das verdient ein Bundestagsabgeordneter: Wenig überraschende Zahlen
Erste Klasse mit der Bahn, bezahlte Miete und tolles Smartphone: Bundestagsabgeordnete verdienen viel. Diese Zuschüsse gibt es natürlich neben dem normalen Gehalt, das auf 9.542 Euro (Quelle) festgelegt ist.
Dazu kommen verschiedene Nebeneinkünfte, die das monatliche Gehalt um einiges aufstocken. Den Deutschen kosten die Diäten der Politiker aus Berlin unheimlich viel Geld, denn derzeit sitzen über 700 Abgeordnete im Parlament. Sie alle halten die Hand auf und nehmen jeden Monat ihre Abgeordnetenentschädigung an.
Video: #kurzerklärt: Was verdienen Politiker?
Wie hoch ist die Aufwandspauschale?
Die Diäten sind noch längst nicht alles, denn zusätzlich zu dem genannten Gehalt zahlen die Deutschen für die Aufwandspauschale in Höhe von 4.318 Euro im Monat. Interessant: Das Gehalt muss ein Bundestagsabgeordneter versteuern, die Aufwandspauschale hingegen nicht. Letztere ist dafür gedacht, dass die Ausgaben, die im Rahmen der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter anfallen, gedeckt sind. Doch für seine Ausgaben muss sich niemand rechtfertigen und wer das Geld nicht aufbraucht, bezahlt davon eben die Zweitwohnung am Dienstsitz.
Wird ein Büro angemietet, werden noch einmal bis zu 12.000 Euro bereitgestellt. Dieses Geld ist für die Ausstattung des Büros vorgesehen. Der Bund der Steuerzahler kritisiert aber, dass diese Gelder gern auch für private Ausgaben herangezogen werden. Der Grund: Dieses Geld kann auch für die Anschaffung von Digitalkameras, Smartphones oder hochwertiger Fernsehern ausgegeben werden.
Neben der Abgeordnetenentschädigung und den Pauschalen bekommen Bundestagsabgeordnete auch noch diese finanziellen Mittel zugestanden:
- bis zu 20.870 Euro im Monat für Mitarbeiter
- Aufschläge in Höhe von mehreren Tausend Euro für Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer, Ausschussvorsitzende und für die Bundeskanzlerin
- 945 Euro zusätzliche Rente im Monat nach einer Legislaturperiode, wer länger im Deutschen Bundestag sitzt, wird noch weiter aufgestockt
- gratis Fahrten mit der Bahn, Erstattung von Flügen erster Klasse usw.
Die genannte Abgeordnetenentschädigung sowie die Diäten werden in jedem Jahr neu angepasst. Der Sommer bringt damit für Bundestagsabgeordnete nicht nur die lang ersehnte Urlaubszeit mit sich, sondern auch mehr Geld. Ohne zu verhandeln, werden 215 Euro pro Jahr mehr gezahlt. Davon können Mitarbeiter eines Unternehmens nur träumen!
Einst beschloss die Große Koalition im Jahr 2016 diese Vorgehensweise, vermutlich, damit die ständigen Diskussionen über Diäten ein Ende haben. Nun bekommt die Öffentlichkeit kaum noch etwas davon mit und wird über aktuelle Zahlen nicht mehr in Kenntnis gesetzt.
Auch die Aufwandsentschädigung in Höhe von 4.318 Euro pro Monat wird zum Jahresende automatisch angepasst. Als Grundlage dafür gelten die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Das Geld ist für alle Ausgaben gedacht, die mit dem Mandat als Bundestagsabgeordneter in Zusammenhang stehen, wobei die Zweitwohnung in Berlin ebenso als Ausgabe infrage kommt wie der Einkauf von Lebensmitteln für den Aufenthalt in der Hauptstadt.
Besonders schön für Bundestagsabgeordnete: Die Pauschale ist wirklich eine solche. Wer also weniger ausgibt, hat privat mehr Geld zur Verfügung. Der Grund: Der Verwaltungsaufwand für die Prüfung von Belegen wäre um einiges höher, wenn die Abgeordneten für alles einen Nachweis erbringen müssten. Nicht pauschal bezahlt werden aber die genannten maximalen 12.000 Euro im Jahr für die Büroausstattung. Ob das Angeschaffte allerdings auch privat genutzt wird, ist nicht überprüfbar.
Von Reisen und Renten der Bundestagsabgeordneten
Geht der Bundestagsabgeordnete auf Dienstreise, muss der Steuerzahler dafür bezahlen. Wie ein Unternehmen die Dienstreisekosten für seine Mitarbeiter übernimmt, trägt der Steuerzahler eben die Dienstreisen für Bundestagsabgeordnete. Allerdings muss dieser nicht die kostengünstigste Reisevariante wählen, sondern reist natürlich mit der Ersten Klasse und der Bahncard 100, die pro Jahr 7.090 Euro kostet. Dabei dürfen die Politiker das Ticket sogar privat nutzen. Inlandsflüge werden ebenso ersetzt, diese dürfen aber nur für dienstliche Zwecke in Anspruch genommen werden und sind nachweispflichtig.
Wie viel Rente bekommt ein Bundestagsabgeordneter?
Der Bundestag zahlt keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung für die Zeit, die jemand als Bundestagsabgeordneter tätig war. Dafür gibt es später eine Altersentschädigung.
Für jedes Jahr, das jemand als Bundestagsabgeordneter tätig war, bekommt er ab einem Alter von 67 Jahren 239 Euro im Monat. Dies ergibt nach einer Legislaturperiode von vier Jahren die hübsche Summe von mehr als 950 Euro im Monat, die zusätzlich gezahlt werden. Ein prominentes Beispiel für den Mehrwertdienst durch die Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter ist Wolfgang Schäuble. Er sitzt seit nunmehr 45 Jahren im Bundestag und bekommt eine monatliche Zusatzrente von 6.440 Euro.
Übrigens: Wer als Politiker nicht mehr wiedergewählt wird, bekommt dennoch Geld. Hierfür gibt es das Übergangsgeld, weil Bundestagsabgeordnete keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Für maximal 18 Monate bekommen sie dieses Geld, das in den ersten vier Monaten 9.542 Euro beträgt. Verdienen sie noch nebenbei etwas, wird das mit dem Übergangsgeld verrechnet.
Außerdem bekommt ein Bundestagsabgeordneter einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung. Stirbt er, erhalten die Hinterbliebenen ein Sterbegeld in Höhe von 9.542 Euro.
Das Gehalt im Vergleich
Das Gehalt normaler Mitarbeiter in einem Unternehmen lässt sich damit gar nicht vergleichen. Ein Abgeordneter bekommt im Jahr bis zu 115.000 Euro, wenn er es in den Deutschen Bundestag nach Berlin geschafft hat. Ein Kapitän bei Air Berlin verdient auch so viel, allerdings erst, wenn er wenigstens zehn Jahre lang als solcher gearbeitet hat. Über das Maß der Verantwortung, die beide tragen und die das Gehalt rechtfertigen soll, wollen wir an dieser Stelle nicht diskutieren.
Zum Vergleich: Ein Mitarbeiter eines Unternehmens, der keine Kinder hat, verdiente laut Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik zuletzt rund 33.400 Euro im Jahr. Besser als den Politikern geht es nur noch Konzernchefs, von denen manche mehr als 10 Millionen Euro im Jahr verdienen.
Tabelle: Abgeordnetenentschädigungen Bundestag und Landesparlamente
Parlament | Diäten | Aufwandspauschale | Versorgungsaufwendungen | Mitarbeiterpauschale |
---|---|---|---|---|
Landtag von Baden-Württemberg | 7.936 Euro | 2.208 Euro | 1.751 Euro | 10.897 Euro |
Bayerischer Landtag | 8.183 Euro | 3.398 Euro | – Euro | 8.866 Euro |
Abgeordnetenhaus von Berlin | 3.944 Euro | 2.580 Euro | – Euro | 4.227 Euro |
Landtag Brandenburg | 8.116 Euro | – | 1.806 Euro | 4.468 Euro |
Bremische Bürgerschaft | 5.087 Euro | – | 795 Euro | – |
Hamburgische Bürgerschaft | 2.907 Euro | 390 Euro | – | 2.860 Euro |
Hessischer Landtag | 8.184 Euro | 950 Euro | – | 5.015 Euro |
Landtag Mecklenburg-Vorpommern | 6.095 Euro | 1.507 Euro | – | 4.392 Euro |
Niedersächsischer Landtag | 6.973 Euro | 1.088 Euro | – | 3.560 Euro |
Landtag Nordrhein-Westfalen | 9.330 Euro | – | 2.290 Euro | 8.600 Euro |
Landtag Rheinland-Pfalz | 6.736 Euro | 1.280 Euro zzgl. Reisekosten | – | 3.891 Euro |
Landtag des Saarlandes | 5.759 Euro | 1.347 Euro | – | – |
Sächsischer Landtag | 5.804 Euro | 3.163,28 – 4.135,97 Euro | – | 5.666 Euro |
Landtag Sachsen-Anhalt | 6.606 Euro | 1.800 Euro | – | 4.129 Euro |
Landtag Schleswig-Holstein | 8.425 Euro | – | 1.500 Euro | 3.172 Euro |
Thüringer Landtag | 5.623 Euro | 1.958 – 2.733 Euro | – | 3.785 Euro |
Zum Vergleich: Bundestag | 10.083 Euro | 4.418 Euro | – | 22.201 Euro |
Quelle: Angaben der Landtage |
Video: EU-Parlamentarier kassieren hohe Aufwandsentschädigungen
Wie viel Nebeneinkünfte haben Bundestagsabgeordnete?
Das Gehalt der Bundestagsabgeordneten ist zwar sehr auskömmlich, dennoch zeigt Abgeordnetenwatch als Quelle, wie sehr sich das noch verbessern lässt. Das Zauberwort lautet „Nebentätigkeit“ und hier ist auffällig, wie viele Politiker nebenher als Unternehmens- oder Steuerberater sowie in der Landwirtschaft tätig sind. Auch wenn viele Politiker nur als Abgeordnete tätig sind, so gibt es doch viele (mehr als ein Viertel), die nebenbei noch Geld verdienen und sich ihr Gehalt aufbessern.
Beispiele für gut bezahlte Nebenverdiener sind unter anderem:
- Ulla Schmidt
Sitz im Verwaltungsrat bei der Siegfried Holdling AG verdiente binnen zwei Jahren mindestens 120.000 Euro nebenher
- Peter Ramsauer
Nebentätigkeit als Strategieberater, mindestens 300.000 Euro zusätzlich in zwei Jahren
- Christian Lindner
Einkünfte aus Vorträgen (ca. 50 Vorträge mit einer Gesamtvergütung von ca. 311.500 Euro)
- Gregor Gysi
Einkünfte aus Vorträgen (ca. 87 Vorträge mit einer Gesamtvergütung von ca. 177.000 Euro)
- Sigmar Gabriel
Publizistische Tätigkeit bei der ZEIT, für den Tagesspiegel u. a mit 15.000 bis 30.000 Euro monatlich
- Volker Kauder
Berater bei Saxony Minerals & Exploration AG, 3.500 bis 7.000 Euro monatlich
- Rüdiger Kruse
Geschäftsführer beim Hamburger Landesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mit 7.000 bis 15.000 Euro monatlichen Nebeneinkünften
Quellen: unter anderem abgeordnetenwatch.de.
Dies sind allerdings nur die nachvollziehbaren Einkünfte. Die tatsächlichen dürften noch um einiges höher sein, denn die Veröffentlichung der Gehälter ist wenig transparent. Sie wird in groben Verdienststufen von Stufe 1 (bis 3.500 Euro) bis Stufe 10 (mehr als 250.000 Euro) angegeben.
Beziehen Bundestagsabgeordnete Nebeneinkünfte, wird das kritisch gesehen. Denn: Sie arbeiten in einem oder für ein Unternehmen und haben zugleich einen privilegierten Zugang zur Politik. Die Arbeit als Bundestagsabgeordneter wird hoch vergütet, das hier bezogene Gehalt ist mit dem eines Unternehmensmitarbeiters oder auch Geschäftsführers nicht vergleichbar. Dennoch werden hohe Nebeneinkünfte bezogen. Und es gibt hier sogar noch Spitzenverdiener wir Sebastian Brehm, der als CSU-Bundestagsabgeordneter und Steuerberater tätig ist und Einkünfte aus seiner Nebentätigkeit von mehr als 1,3 Millionen im Jahr angibt.
Auch wenn das der Bruttoumsatz ist, der noch vor jeglichen Abzügen dargestellt wird und der auch noch versteuert werden muss, so bleibt als Gewinn immer noch ein hübsches Sümmchen übrig. Brehm wurde wie einige andere Politiker vom „Spiegel“ als Top-Verdiener entdeckt und rechtfertigt sich nun für sein Gehalt. Er müsse hiervon noch Personal- und Sachkosten abziehen, die Steuer lange kräftig zu und übrig bliebe nur der Reingewinn, der mit dem angegebenen Bruttoumsatz nicht zu vergleichen sei.
Müssen Nebenverdienste offengelegt werden?
In Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin müssen die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten noch nicht einmal offengelegt werden. Das heißt, dass diese hier sehr hoch sein können und den Durchschnitt aller Politiker nach oben drücken könnten. Einen Beleg dafür gibt es aber nicht, weil niemand seine Einkünfte öffentlich machen muss. Einzig die Finanzämter sollten über die tatsächlichen Einkünfte Bescheid wissen, diese müssen jedoch aus nachvollziehbaren Gründen Stillschweigen bewahren.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass viele Bundestagsabgeordnete ein deutlich höheres Gehalt beziehen als das, welches öffentlich einsehbar und auf den genannten Seiten erkennbar ist. Während ihrer vergleichsweise kurzen Zeit als Politiker verdienen sie viel Geld, bekommen ein hohes Gehalt, das lediglich noch von den Konzernchefs übertroffen wird. Besonders auffällig sind die hohen Einkünfte der Politiker, die neben ihrer Tätigkeit im Bundestag noch in der Landwirtschaft arbeiten oder die Vorträge halten.
Einige verfassen ganze Bücher über ihr Leben und erhalten die Tantiemen, die sich im Laufe der Zeit ebenfalls summieren können. Die Einkünfte aus der Landwirtschaft stammen übrigens weniger aus dem Verkauf der Feldfrüchte oder der Tiere, die für die Fleischproduktion gezüchtet werden. Häufiger sind es die Subventionen, mit denen die kränkelnde Landwirtschaft gestützt wird und in Zeiten schlechter Ernten (Dürren, zu viel Regen, Naturereignisse usw.) entschädigt wird. Genau die Subventionen, die die Politiker selbst beschließen. Somit setzen diese hier den eigenen Hebel an und sorgen dafür, dass sie am Ende gut aus dem Landwirtschaftsgeschäft herausgehen.
Womit wir wieder bei der Kritik durch die Bevölkerung wären, die bemängelt, dass Politiker ihr internes Wissen in die Unternehmen, in denen sie tätig sind, mit einbringen und zu ihrem Vorteil nutzen können. Sie haben damit einen Wettbewerbsvorteil, den andere Firmeninhaber auch durch größte Anstrengungen nicht erreichen können. Die Frage, ob dies gerecht oder ungerecht sei, ist damit müßig zu beantworten. Schon unsere Großeltern kannten die Weisheit: Wo viel ist, kommt immer noch etwas dazu!